Hänge mit allem etwas hinterher, aber ich denke, ihr nehmt mir das nicht übel. Am vergangenen Mittwoch fand das lang ersehnte letzte Testspiel vor der Benennung des EM-Kaders statt. In Basel trat unsere Nationalmannschaft gegen die Schweiz, einen der beiden EM-Gastgeberländer neben der Schweiz, an. Das Ergebnis war deutlich, etliche Fragen wurden beantwortet, einige Zweifel wurden ausgeräumt und die Fans der deutschen Nationalmannschaft können sich einer Tatsache sicher sein: Wir sind die Favoriten!

Mit wenig guten Erinnerungen an den 3:0-Sieg gegen Österreich, der sich mehr wie eine desaströse Niederlage anfühlte, ging es zu diesem Testspiel für die Jungs. Für mich war das Programm wieder das übliche: daheim mit Papa. Dankbar für die Tatsache, das ein gewisser Mario Gomez im Moment einfach alles trifft, war ich mir ziemlich sicher, ihn wahrscheinlich neben Miroslav Klose an der Sturm-Spitze im deutschen 4-4-2-System zu sehen. Und ich sollte Recht behalten.

Der nach der WM 2006 erstmals wieder berufene Roberth Huth kehrte in den Kader zurück – unglücklicherweise verletzte er sich wieder, Sinnbild seiner fußballerischen Karriere seit der Weltmeisterschaft. Das wars dann auch wohl mit der EM, Jogi wird niemanden nominieren, der 2 Jahre nicht im deutschen Team gespielt hat. Ein Unglücksrabe, wirklich.

Österreich und Schweiz, beide leiden unter der Tatsache, selbst 3 Monate vor Beginn der Europameisterschaft keinen wirklich spürbaren Rückhalt der Fans zu haben. Das hat unter anderem zur Folge, das viele Österreicher und Schweizer ihre Nationalmannschaften regelrecht boykottieren, weil diese mitunter desaströse Leistungen gezeigt haben. Österreich, die zur WM 2006 nicht einmal qualifiziert waren, schlugen wir auswärts mit 3:0. Und was machen wir nun mit der Schweiz, die ohne Niederlage in den absolvierten WM-Spielen während der regulären Spielzeit trotzdem nach Hause fahren mussten? Damals schieden sie nach dem Elfmeterschießen gegen die Ukraine aus, ohne einmal vom Punkt ins Gehäuse zu treffen. Urs Meier, der zusammen mit Johannes B. Kerner und Jürgen Klopp die Spiele im ZDF moderieren, ist überzeugt davon gewesen, die Schweiz hätte ein Wörtchen bei der EM 2008 mitzureden. Schauen wir mal.

Die ersten paar Minuten des Spiels waren zunächst schon einmal erbaulicher als die ersten Minuten gegen Österreich. Wir kontrollierten das Spiel über die komplette Spielzeit und hatten demnach auch mehr vom Spiel. Fast 25 Minuten sah ich mir ein Spiel mit einigen guten Chancen an, die aber allesamt nicht fruchteten. Dann endlich, in der 23. Minute sah ich das, was ich sehen wollte: Ballgewinn, Vorstoß zum Strafraum, Zuckerflanke, Tor. So muss das sein. Um genau zu sein war es eine Traumflanke vom eigentlich eher Torschütze als Vorlagengeber Mario Gomez, der den Ball in den Strafraum brauchte und Miro Klose nur noch einschieben brauchte.

Mit einem 1:0 aus unserer Sicht ging es in die Halbzeitpause, die ich dazu nutzte, mit meinem Vater den aktuellen Stand der anderen EM-Teilnehmer, die an diesem Tage Testspiele absolviert haben, zu diskutieren. Nach der Leistung in Österreich war ich mir noch nicht ganz sicher, ob der Hallo-Wach-Effekt gefruchtet hatte und die Jungs auch in der 2. Halbzeit ein komplett anderes Gesicht zeigen als einst in Wien. Doch ich war guter Hoffnung, nach einer guten – und auch erfolgreichen – ersten Halbzeit.

Lediglich ein paar wenige Male versuchten die Schweizer unserem überlegenen Spiel zu trotzen und so kam es auch seitens der Schweizer zu guten Chancen, die aber alle samt nicht genutzt wurden, das war das trauriger Schicksal der Eidgenossen an jenem kalten Märzabend im Frühjahr 2008. Während sich unsere Jungs immernoch als Herren des Spiels bezeichnen durften, dauerte es noch einmal eine Viertelstunde nach Wiederanpfiff, bis es erneut klingelte.

In der 61. Minute erschrak ich meine Mutter, die am Computer saß, mit meinem lauten Jubelschrei beinahe zu tode. Das 2:0 markierte – wie ich bereits geahnt und selbstverständlich gehofft hatte – Mario Gomez. Einmal Vorlagengeber, jetzt selber Torschütze. Ein Traumtor nach toller, wenn auch etwas verstolperter Vorarbeit von Clemens Fritz, der den erneuten Torwartfehler des eigentlich klasse Keepers Benaglio vom VfL Wolfsburg eiskalt nutzte. Ich habe neulich folgendes über Mario gelesen: “Der ist vor dem Tor noch eiskalter als eine Eskimomami in einer Dezembernacht”. Recht so.

Mittlerweile kam Lukas Podolski für Miroslav Klose – es wurde mittlerweile zum kleinen Schaulaufen für die EM, im Mai wird der Kader für die Europameisterschaft benannt und es ist nur fair von Jogi, auch Poldi noch eine Chance zu geben, sich zu beweisen. Und er sollte sich wieder als Trainer mit den goldenen Händchen erweisen. In der 68. Minute gab Poldi einen Traumpass an Mario Gomez, wie sollte es auch anders sein, der den Turbogang einlegte und plötzlich alleine vor Benaglio stand – die Schweizer Abwehr so löchrig wie der Käse, der nach ihr benannt ist. Und das hat er sich natürlich nicht nehmen lassen. Mit diesen 2 Toren und parallel seiner aktuellen Leistung beim VfB Stuttgart, sollte offensichtlich sein, dass er bei der EM stürmen wird, wenn er seine Form hält und sich nicht verletzt. Alles andere wäre wirklich unverständlich.

Auch Kevin Kuranyi bekam noch einmal eine Chance zur Präsentation, so schmerzhaft war ja für ihn die Tatsache, kurz vor der WM nicht für den Kader berücksichtigt geworden zu sein, er lieferte in vielen Spielen eine super Leistung ab – nicht zuletzt beim 2:1-Auswärtssieg in Prag gegen Tschechien, als er beide Tore für die Deutschen schoss. Für ihn reichte es allerdings nicht, um sich zu präsentieren und für den EM-Sturm aufzudrängen – Mario machts ihm wirklich schwer. Wir haben 4 klasse Stürmer, doch nur 2 kommen in die Startelf, 2 werden auf der EM-Bank sitzen. Über derart viel Qualität im Sturm hat eine deutsche Nationalmannschaft schon lange nicht mehr verfügt.

Stattdessen legte Lukas Podolski noch einen drauf, mit einem unwiderstehlichen Solo. Und wieder wars ein Torwartfehler. Alte Regel beim Fußball spielen: Wenn du als Torwart rausläufst, musst du den Ball haben. Was macht Benaglio? Greift daneben. Solche kapitalen Schnitzer kannte ich noch nicht von ihm, vor allem so oft im Spiel. Podolski bedankte sich, in dem aus einem leicht spitzen Winkel den Ball nur noch ins leere Tor schieben brauchte. Da frag ich mich aber, wie der Schweizer Abwehrspieler, der direkt daneben stand, so derart pennen konnte. So wurde es doch noch eine richtige Klatsche für die EM-Gastgeber. Nach Österreich mit 3:0 besiegen wir also auch noch die Schweiz mit 4:0.

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Alle 4 Tore! Klose, Gomez, Gomez, Podolski

Mit einer prima Leistung und 4 Stürmertoren, einer guten Abwehrleistung, einem wenig geforderten, aber souveränen Torwart kann die Vorfreude nun unbetrübt in die heiße Phase gehen. Ich habe keinerlei Zweifel daran, das wir weit im Turnier kommen.

Und ich habe auch keine Angst mehr vor einem vorzeitigen Ausscheiden in der Vorrunde – die Jungs packen es definitiv mit einer solchen Leistung mindestens ins Viertelfinale. Und wenn sie dann spielen, werde ich dabei sein.

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