Es waren schöne Zeiten, zwischen der WM 2006 und den letzten paar EM-Qualifikationsspielen, tolle Spiele erlebten wir von und mit der Deutschen Fußballnationalmannschaft. Grandiose Momente, an die ich mich immer wieder gern zurückerinnere. Durch die 2006 (wieder)erweckte Liebe zum Fußball wuchs ich quasi hinein in dieses homogene Gebilde genannt Nationalmannschaft. Ich fieberte mit, fuhr zu den Länderspielen ins Stadion und war mit so viel Leidenschaft und Begeisterung dabei, ob Torparty gegen San Marino, kämpfen bis an die körperlichen Grenzen gegen Tschechien oder geschlossene Weltklasseleistungen in England und gegen Russland.

Doch was sich schon bei manchen Spielen der Europameisterschaft 2008 zeigte, die ich mit den Spielen gegen Österreich und Portugal live erleben durfe, deutete es sich bereits an. Und seit Herbst 2008 wurde es der triste Alltag: die Langeweile. Lahme Test-Kicks, peinliche Niederlagen, schlechte Leistungen. Lange haben wir darauf gewartet, dass es endlich wieder bergauf gehen würde.

Viele schlimme Dinge mussten wir ertragen, nur 3:3 gegen Finnland, ein 1:2 daheim gegen England, peinliche 0:1-Pleiten gegen die vermeintlichen schwachen Länder Dänemark und Norwegen, unattraktive Arbeitssiege gegen Liechtenstein und Aserbaidschan.

Nach einer langen Leidenszeit erlöste uns der Fußballgott zumindest ansatzweise und bescherte uns ein Freundschaftsspiel gegen den WM-Gastgeber Südafrika, der endlich wieder recht passabel anzusehen war. Nicht umwerfend schön, aber immerhin attraktiver als die letzten Spiele zusammen. Das Ergebnis von 2:0 stand am Ende auf der Anzeigetafel in der BayArena in Leverkusen, es war die Rückkehr zu den schönen Zeiten.

Wo ich noch vor 5 Monaten in der Mannschaftsaufstellung stets einen Namen lesen wollte, jagt es mir mittlerweile einen kalten Schauer über den Rücken – und soviel vorweg: ich wäre zufrieden gewesen, wenn das Endergebnis 1:0 geheißen hätte. Für maximal 90 Minuten werde ich sie überwinden müssen, die Abneigung, Mario Gomez spielen zu sehen. Er begann als einziger Stürmer.

Zum absoluten emotionalen Highlight kam es bereits vor dem Anpfiff: Bernd Schneider, gebürtiger Ossi, langjähriger Nationalspieler und einer der Publikumslieblinge wurde in seinem Heimstadion in Leverkusen offiziell verabschiedet. Wenige Monate vor der EM 2008 erlitt er einen Bandscheibenvorfall, so dass es nur noch für Kurzeinsätze gegen Ende der abgelaufenenen Bundesliga-Saison reichte, was ihn schließlich zum Aufgeben zwang. Die (Fußballer-)Karriere des weißen Brasilianers ist zu Ende. Bernd, auch wenn du das hier nie lesen wirst: DANKE für Alles und alles Gute für dich.

Die ersten 15 Minuten waren schonmal vielversprechend, schnelle, kurze und präzise Pässe, engagiertes Pressing, genau so gefiel mir das und genau so wollten wir es schon die ganzen Monate haben. Doch das alte, leidige Problem haftete uns wieder an: die Chancenverwertung vor dem gegnerischen Tor. Eine halbe Stunde mussten wir warten. Deutschland führte 1:0, ich schwieg und schloss verzweifelt meine Augen. Vielleicht werde ich eines Tages auch jubeln, wenn Mario Gomez für Deutschland trifft. Hätte er es nur einmal beim Länderspiel gegen Liechtenstein in Leipzig gemacht, als er mir noch wichtig gewesen wäre.

Das Spieltempo ebbte wieder ab, verfiel aber noch nicht in die Tristesse der vergangenen Monate, was schonmal ein gutes Zeichen war. Ich sehnte das 2:0 herbei, schließlich saß ich in Trikot und Schal vorm Fernseher bei meinen Eltern und schwieg beim 1:0 für meine Mannschaft, als wäre es ein Eigentor gewesen.

Nach 77 Minuten war es dann soweit, der noch relativ neue Jung-Nationalspieler Mesut Özil markierte das 2:0, ließ mich endlich jubeln und brachte unbeabsichtig eine pressetechnische und journalistische Eigendynamik ins Rollen: nur wenige Momente nach dem Spiel sollte er bereits als der Spielmacher von morgen, der zukünftige Nachfolger unseres Kapitäns Michal Ballack geadelt werden.

Der Abpfiff des Schiedsrichters nach 90 Minuten bescherte uns nicht nur einen 2:0-Erfolg in einem eher unwichtigen Testspiel, sondern auch die Rückkehr unserer Hoffnungen, die Rückkehr zum schönen Spiel. Besonders erfreute ich mich an der Position des Torwarts René Adler, mein Leipziger Landsmann, und die Einwechselung von Sami Khedira, der es nach über 2 Jahren nach seiner ersten Nominierung für die A-Nationalmannschaft geschafft hat, endlich eingewechselt zu werden. Nun ist er ein vollblütiger Nationalspieler, unser Sami, VfB-Mittelfeldspieler, gebürtig aus Bad Cannstatt, Held des Bayern-Spiels und Stuttgarter aus Leidenschaft.

Wollen wir hoffen, dass dieses Spiel keine Ausnahmeerscheinung war, sondern dass sie sich jetzt stetig verbessern, schließlich ist es nicht mehr lange bis zur WM im nächsten Sommer, das wichtigste Qualifikationsspiel gegen Russland steht auch noch aus. Und wir werden eine wache, engagierte und schön spielende Mannschaft brauchen, die uns zum Siege führen soll.

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