“Was mache ich hier eigentlich? Ist es das hier wirklich wert? Ich könnte jetzt daheim sein, unter einer kuscheligen Decke auf der Couch sitzen und ein Buch lesen oder ein bisschen fernsehen. Ich könnte einen leckeren Tee trinken und mich entspannen.” Das könnte ich. Aber ich entschied mich anders. Meine Waden krampften schon, als mir unablässig der Regen ins Gesicht prasselte, der kalte Wind meinen durchnässten Körper auskühlte, meine Brille beschlug und ich für einen Moment überall sein wollte, nur nicht hier.

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Ich wählte einst ein Leben, das für mich weit mehr bedeuten würde als Woche für Woche die gleichen Tagesabläufe inmitten der Langeweile zu haben. Und so wurde ich Fußballfan – mit dem Wissen, dass es nicht immer einfach sein würde. Tage wie diese gehören dazu, wenngleich ich es mir anders vorgestellt hatte. Oder auch nicht. Irgendwo zwischen erfüllten Erwartungen (nämlich keinen) und der dezent enttäuschten Hoffnung, man würde doch hin und wieder eines Besseren belehrt werden.

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Der eine Augenblick, an denen man von Freunden angelächelt wird und sie einem sagen, man habe doch Unrecht gehabt, der VfB wäre tatsächlich zu großen Taten imstande und würde den Optimismus, der verloren schien, ein kleines bisschen wieder zum Leben erwecken. Am Ende des Tages kehrst du nach Hause zurück, wo du den Tag auch hättest entspannt verbringen können, ohne Stress, ohne Hektik und ohne jenes ekelhafte Wetter. Das hätte ich können. Aber ich entschied mich anders.

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Der Nächste, bitte!

Man wird nicht mehr gefragt, ob man gedenkt, zum Auswärtsspiel zu fahren. Die einzige Frage, die sich uns stellt ist die, wie wir denn dorthin kommen. Viele tausende Kilometer haben wir für den VfB in den letzten Jahren in Kauf genommen, die wenigsten von ihnen endeten mit einem zufriedenen Grinsen im Gesicht. Niederlagen wurden zum Alltag, die Punkte zur Ausnahme. Wer will uns also wirklich übel nehmen, dass wir uns so sehr nach Sorglosigkeit sehnen als je zuvor.

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Ich wünschte, es hätte funktioniert. Ich wünschte, die ersten Spiele dieser Spielzeit wären zu unseren Gunsten nach erdrückend dominaten Partien zu unseren Gunsten entschieden worden. Ich wünschte, jenes neue Konzept, das so alternativlos schien, hätte Erfolg gehabt. Ich wünschte, wir würden mit Freuden den Spielen unseres Herzensvereins beiwohnen, hoffnungsvoll, zufrieden, furchtlos und treu, wie man so schön sagt. Ich wünschte, es hätte funktioniert – mit Alexander Zorniger. Es kam anders.

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Robin Dutt wurde nach der herben Pleite gegen Augsburg gefragt, ob es mit Alexander Zorniger weiter geht. Mit entschlossenem Blick sprach er in die Kameras „Ja!“, seine Stimme bebte vor Überzeugung. Drei Tage waren vergangen, der Zeitpunkt für derartige Reaktionen seitens des Vereins längst vorbei, da kehrte ich von einem morgendlichen Meeting an den Arbeitsplatz zurück und musste lesen, dass das kurze Intermezzo des VfB mit Alexander Zorniger ein jähes Ende nahm. Schock. Anders kann ich es nicht bezeichnen.

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Untrainierbar?

Vielmehr als die Enttäuschung, dass es mit eben jenem Trainer nicht funktioniert hat, der mehrfach die eigenen Spieler öffentlich kritisierte, der nach 13 Spielen und zehn Niederlagen immernoch davon sprach, das System sei alternativlos und der schon oft als Sturkopf in Erscheinung getreten war, währte die Ernüchterung: es wird sich wohl nie etwas ändern bei unserem Verein, in dem nichts als Chaos und Unruhe herrschen. Sollte es die eine Möglichkeit gegeben haben, aus dem ewigen Kreislauf des fortwährenden Niedergangs auszubrechen, sie verließ Dienstag Mittag das Trainingsgelände.

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Jürgen Kramny sollte es nun richten, zumindest vorerst. Böse Zungen behaupten, sehr viel mehr als sein Vorgänger könnte er ja ohnehin nicht falsch machen. Das eigentliche Problem greift doch aber, wie wir alle wissen, schon sehr viel früher. Wie kann es zum Beispiel sein, dass eine im Kern seit Jahren beständige Mannschaft es schafft, einen Trainer nach dem anderen zu verschleißen und so den unweigerlichen Eindruck zu vermitteln, sie sei geradezu untrainierbar? Wieviele Trainer will dieser Verein noch verheizen, bis man endlich auf den rechten Weg zurück kommt?

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Mit all diesen Fragen haben sich viele Menschen beschäftigt. Mehr als für unser Umfeld gut gewesen wäre. Fans. Ehemalige Spieler. Trainerkollegen. TV-Experten. Was für die einen ein fast schon zu spätes Ziehen der Reißleine ist, ist für andere wiederum ein weiterer Beweis dafür, wie zerfahren dieser Club in seinen Grundgrundstrukturen ist. Ob sich daran jemals etwas ändert, darf gerade in diesen schweren Wochen bezweifelt werden.

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Zu viele Fehler

Erwartungen gleich Null. Anders erträgt man die Geschehnisse am Wasen vermutlich nicht mehr. Ich bin mir sicher, wären die ersten Spiele ein wenig anders gelaufen, wir würden jetzt nicht hier stehen. Ich würde nicht hier sitzen und mich fragen, wofür ich das tu, und ihr würdet nicht hier sitzen und lesen, wie alles, was man noch vor wenigen Wochen auf dem richtigen Weg wähnte, den Bach hinunter zu gehen droht.

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In solchen Zeiten sollten wir zusammenstehen und uns daran erinnern, wie sehr wir diesen Verein von ganzem Herzen lieben, völlig gleich, welche Namen auf den Trikots stehen und wie der momentane Tabellenplatz ist. Doch schürt es dennoch eins: Frust. Wie will man hoch erhobenen Hauptes ins Stadion gehen, seine Mannschaft nach vorne schreien, wenn man doch insgeheim befürchtet, sie versauen es mal wieder, wie unzählige Male davor auch schon. Willkommen in meiner Welt. Warum ich dann nicht daheim bleibe, frage ich mich selbst hin und wieder.

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Spät nachts lag ich noch wach, mit wirren Gedankengängen rund um das, was dem Verein bevorsteht – am nächsten Tag, in der nächsten Woche, im nächsten Monat, im nächsten Jahr. Viele Fehler wurden gemacht, selbst dann noch, als man eigentlich doch nur alles richtig machen konnte, und vor allem wollte. Nun sehen wir Fans uns an dem Punkt, an dem die Saison eigentlich schon gelaufen ist.

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Nass bis auf die Knochen

Wie die Mannschaft aus dem Schlamassel herauskommen soll, weiß niemand so recht. „Irgendwie in die Winterpause retten und noch ein paar Spieler für die Defensive holen“. Realistisch gesehen steht uns ein enormer Umbruch bevor, und der wird gewiss nicht nur positiver Natur sein. Wir alle erinnern uns, wie wir ihnen in den letzten Spielen der zurückliegenden Saison zugejubelt haben, jene Spieler, die in den letzten Wochen der Spielzeit über sich hinaus gewachsen waren und zeigten, dass sie können, wenn sie denn nur wollen. Sie wollen offenbar nicht mehr. Viele von ihnen. Und wir teilweise auch nicht.

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Eine verfahrene Situation. Es gibt bessere Augenblicke, um zu „kriselnden“ Dortmundern (diese „Krise“ hätte ich auch gern!) zu fahren. Nichts erwarten, besser ist das. Von der Anfahrt bei windigem Regenwetter bekam ich nicht viel mit, die fehlenden Stunden Schlaf holte ich auch dieses Mal auf Deutschlands Autobahnen nach. Ein kurzes touristisches Programm am Hengstey-See im Norden von Hagen ließ mich kurz vergessen, wie frustrierend dieses Hobby sein kann, doch die Realität holte mich schnell wieder ein.

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Ich war schon durchnässt, noch bevor wir am Stadion ankamen. Reichlich spät waren wir dran, dank des Kellners, der sich lieber um andere Gäste kümmerte und scheinbar nicht einmal abkassieren wollte, fernab des üblichen Parkplatzes zwängte ich mich im Bus in meine Strumpfhose, verlor dabei einen meiner Zweitsocken und musste schlussendlich nur mit dünnen Sneakersocken in den wetterfesten Stiefeln den 20-minüten Fußmarsch auf mich nehmen. Kalt. Nass. Widerlich. Ich wollte schon jetzt wieder nach Hause.

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Kein Weg zurück

Das lange Anstehen vor den Blockeingängen tat das Übrige, ich kam nicht einmal mehr richtig hinein in den Block, den ich mir davor noch „ertauscht“ hatte – warum es der VfB seit Jahren nicht hinbekommt, die Auswärtsdauerkartenbesitzer in den größeren Block 61 zu versetzen statt in den kleinen Randblock 60, das wird wohl deren Geheimnis bleiben. Hinter mir drückten sie, vor mir ging es nicht weiter. Hilfe, Luft! Ohne jeden Zweifel war dieser Block schon jetzt überfüllt – wen wundert es aber, wenn jeder in diesen Stimmungsblock hineinwollte?!

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Eingequetscht wie in einer Sardinenbüchse stand ich nun da, der Wind pfiff mir um die Ohren und ich wusste nicht, wie ich in dieser Enge nur irgendwie gute Fotos machen könnte. Auf Felix konnte ich mich nicht verlassen, der verzichtete aus gesundheitlichen Gründen noch einmal, um am nächsten Tag unbeschwert ins Geschäft zurückkehren zu können. Auf dem Platz machten sie sich bereits warm, jeder Versuch, dem Geschehen auch nur ein paar Stufen näher zu kommen, scheiterte ergebnislos.

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Kein guter Blick auf den eigenen Blick, lediglich die Dortmunder Südtribüne erhob sich vor mir, beeindruckend das zu sehen, ohne jeden Zweifel. Ich mag es mir kaum vorstellen, wie das so ist, wenn Dauerkarten über die Generationen hinweg vererbt werden, da man sonst keine Chance hat, einen Platz im größten Stadion Deutschlands in der Fankurve zu ergattern. Erinnerungen wurden wach an die letzten Jahre, viel Positives blieb in meinem Kopf nicht hängen. Zuletzt gab es ein Remis nach Zwei-Tore-Führung und eine herbe Klatsche nach Führung.

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Schießbude der Liga

Kaum hatte die Partie begonnen, da schien sich Dortmunds vermeintliche „Krise“ in Einzelteile zu zersetzen – wie auch der VfB, der mehrfach schon bewiesen hat, welch guter Samariter er doch für jene ist, die Punkte nötig haben, ohne dabei jemals an sich selbst zu denken. Drei Minuten gespielt, da führten sie bereits. Ein einziger Pass reichte aus, um die Abwehr auszuhebeln, ein Abklatscher vom wiedergenesenen Przemyslaw Tyton und der Kopf von Gonzalo Castro sorgten für den ersten Frust.

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Nein, wirklich überrascht hat es mich nicht – es war schließlich der VfB, wie wir ihn kennen. Und ja, es macht mir Angst, dass ich so etwas immer schon vorher weiß. Sie schienen verunsichert, doch längst nicht so gelähmt wie eine Woche zuvor gegen Augsburg, was jeder Beschreibung spottete. Sie schienen sich wehren zu wollen, wenn sie auch nicht so ganz wussten wie. Sie schienen mitspielen zu wollen, aller Ehren wert, doch das Selbstvertrauen und das Selbstverständnis, nun, wo soll es denn auch herkommen?

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Dass Pierre-Emerick Aubameyangs 16. Tor ausgerechnet gegen uns ein derart ansehnliches sein musste, passte ins Bild unserer bisher völlig verkorksten Saison, wie auch zu unserer völlig verkorksten Abwehrleistung. Über den Kopf des Keepers gelupft, rechtzeitig vor dem Tor gesenkt, ohrenbetäubender Jubel von allen Seiten und der Gedanke: „Ich glaub es geht schon wieder los“. Gegen Augsburg und München lagen wir nach 17 Minuten mit 0:2 zurück, hier nach 19 Minuten. Alle Spiele einte am Ende eine Tatsache: vier Gegentore für die Schießbude der Liga.

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Pech und Unvermögen

Auch im März 2013 führten die Westfalen beinahe „standesgemäß“ mit 2:0, ein weiteres 4:4 wird jedoch nicht in die Geschichtsbücher eingehen, dafür liegt einfach zu viel im Argen. Sie waren angeknockt, aber noch nicht tot. Sie schüttelten sich und erweckten auch den Gästeblock aus seiner drohenden Lethargie. War das hier wirklich unser VfB? Man konnte es kaum glauben, auf einmal spielten sie wieder mit, erspielten sich die Möglichkeiten und trafen gar zum Anschluss.

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Mehr als eine kurze Jubelfaust war jedoch nicht drin, kein Schrei, kein Umarmen der Mitmenschen um mich herum, ein wohlwollendes Nicken und der Gedanke: „Nachlegen!“. Daniel Didavi, der schon beim letzten Auswärtsspiel in Dortmund einziger Torschütze war, traf, nachdem Timo Werner vor dem Tor ausgerutscht war. Es wurde lauter in unseren Reihen und leiser auf der Südtribüne, es war nur zu hoffen, dass sie sich darauf besinnen, was sie eigentlich im Grunde können, denn wirklich so schlecht wie die bisherigen Ergebnisse ist unser Kader eigentlich gar nicht. Eigentlich.

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Doch Glück und Fortune sind wahrlich nicht für uns beschaffen. Nicht für diese Mannschaft. Nicht für uns Fans. Nicht in dieser Saison. Dass es das vierte Eigentor in der bisherigen Spielzeit war, spricht Bände: vorne trifft man zu wenig, und wenn es schon wirklich bescheiden läuft, haut man sich die Dinger auch noch selber rein. Georg Niedermeier reihte sich somit ein in die Riege der Pechvögel und befand sich damit in bester Gesellschaft neben Adam Hlousek, Timo Baumgartl und Christian Gentner.

Zu wenig draus gemacht

65 Minuten waren gespielt, der alte Zwei-Tore-Abstand wieder hergestellt, als man gerade anfing, sich Besseres zu erhoffen, als man im Vorfeld seinem eigenen Team zugetraut hatte. Immer wieder wird mir gesagt, ich solle doch optimistisch denken, es bewahre mich selbst vor emotionalen Schäden. Ob ich jemals dahin kommen werde? Ich weiß es nicht. Ich wusste nur, dass die Hoffnungen schwanden, hier doch noch etwas zählbares mitzunehmen, ein weiteres Mal wurde ich bestätigt, statt vom Gegenteil überzeugt zu werden.

Warum nicht noch einmal so agieren wie vor und nach dem 2:1? Warum nicht alles in die Waagschale werfen, man hatte ja nichts zu verlieren (außer den drei Punkten)? Warum… ach, ich weiß es doch selber nicht einmal, und die Spieler erst recht nicht. Warum sie danach in ihre lustlose Lethargie zurückfielen und sich alles gefallen ließen, was der Gegner mit ihnen anstellte, wird wohl ihr eigenes kleines Geheimnis bleiben.

Ohne die eine oder andere ansehnliche Parade von Przemyslaw Tyton wäre es noch früher noch deutlicher ausgegangen. Welche Ironie, nach so vielen Gegentoren, nicht wahr? Wo zieht man die Linie zwischen „Noch vertretbar“ und „Zu viel“? War das 3:1 für mich gefühlt noch im Rahmen des Erwarteten, so wirkte das 4:1 wie das Sahnehäubchen auf einen weiteren gebrauchten Nachmittag in der regnerischen Kälte Westfalens. Und so schnell lassen sich 90 Minuten beschreiben – mehr hatte diese Partie auch nicht verdient.

Ungemütliche Zeiten

Der vierte Treffer in der Nachspielzeit, und als alle Stimmung längst versiegt war aufgrund der herben Provokation der Südtribüne, vernahm ich im Augenwinkel eine Jubelfaust und sah in das Gesicht einer wahrhaft amüsierten jungen blonden Dame in männlicher Begleitung. Die ganze Zeit hatte sie unscheinbar neben mir gestanden, bejubelte das 4:1 und so fragte ich sie, ob ich das jetzt richtig vernahm. Ganz recht, meinte sie, sie sei ja Dortmunderin. Auf meine erneute Nachfrage, ob sie sich verlaufen hatte, stieß ich auf ahnungsloses Missverständnis.

Was für eine großartige Idee, sich als gegnerischer Fan in den Gästeblock zu stellen. Nicht. Hämisch lachend drehten die beiden ab, noch bevor ich ihnen antworten konnte: Ja, es war mein Ernst, dass ich der Meinung war, das wäre nicht rechtens. Das hatte mir gerade noch gefehlt, doch versuchte ich, nicht weiter darüber nachzudenken, wandte den Blick nach vorne und schaute in zahllose leere Gesichter. „Was hast du denn erwartet?“ hatte ich meinen sichtlich gefrusteten Nebensteher gefragt. Geantwortet hatte er nicht, er zuckte mit den Schultern und verschwand in der Dunkelheit.

Ich blieb stehen, bis der Wind die zertretenen kaputten Bierbecher auf den kahlen Betonstufen umherwirbelte und die Ordner in den neonfarbenen Leibchen uns vehement darauf hinwiesen, dass für uns hier nun Feierabend war – welch ironische Aussage, verbunden mit ärgsten Befürchtungen und düsteren Vorahnungen. Etwas Essbares bekam man an den Imbissständen nicht mehr, ein letztes Mal schaute ich mich um, ohne zu wissen, ob wir so schnell als Erstligist wieder in Deutschlands größtes Stadion zurückkehren würden. Es hatte aufgehört zu regnen, doch das Unwetter beim VfB wird bis auf Weiteres fortbestehen.

Ausgang ungewiss

Leckerer Schokoladenkuchen, es war das Einzige, was mich ein kleines Stück daran erinnerte, wie manch andere ihre Sonntage verbringen. Ein kleiner Schluck Kaffee aus der mitgebrachten Thermoskanne, eine Mandarine, warmer Tee, es tat gut, ein kleines Stück Normalität. Auf meinem Schoß lag der Laptop und kopierte ein paar wenige Bilder, die ich machen konnte, so gut ich konnte. Die Pessimisten sehen einen komplett gebrauchten Tag und die Optimisten sehen einen lustigen wenngleich auch verregneten Tag mit Freunden, nun war ich weder das eine, noch das andere.

Der Bus leerte sich, von sechs Dortmund-Fahrern stiegen zwei weitere in Mundelsheim aus, die Gelegenheit, sich im Bus etwas auszubreiten und die Beine kurz lang zu machen. Moment mal, was ist das? Was ist das für ein dicker Knubbel an meiner rechten Kniekehle? Das wird doch nicht…? Zum ersten Mal nach dem Spiel musste ich lachen, da zog ich doch tatsächlich die vermisste Socke aus meiner Hose, sie war eingeklemmt zwischen Strumpfhose und Jeans, hineingerutscht beim beengten Umziehen auf dem Parkplatz. Wie mir das stundenlang nicht auffallen konnte und warum das keiner gesehen hatte, weiß ich beim besten Willen nicht.

Weit nach Mitternacht hielt der Bus vor meiner Haustür, bepackt mit zwei Kameras, Laptoptasche, meinen Stiefeln, Jacke und jeder Menge Frust kehrte ich heim, ließ alles von mir fallen, doch die Enttäuschung blieb. Nicht das 4:1. Nicht das schlechte Wetter. Nicht nur ein weiterer Punktverlust. Es war die Enttäuschung über die Entwicklung unseres einst so stolzen Traditionsvereins, bei dem zuletzt nur noch der Abstiegskampf Tradition hatte. Schon bald schlief ich ein und träumte von besseren Zeiten. Dabei haben wir doch eigentlich gar keinen Platz für Träumer. Eigentlich.

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