Jahr für Jahr das gleiche Prozedere: ist die Saison einmal überstanden – mal mit einem lachenden, mal mit einem weinenden Auge (oder gar beiden) – ist es, als würde man den Stecker ziehen. Über Wochen und Monate hinweg gaben wir alles, nahmen jegliche Strapazen auf uns und zeigten in einem jeden Stadion, warum unser Herz für den VfB schlägt. Ist es vorüber, erschlaffen die Kraftreserven und man begibt sich erleichtert und erschöpft in die Sommerpause, um Kraft zu tanken für eine neue Spielzeit. Eine neue Spielzeit, die bereits in weniger als 24 Stunden aufs Neue für uns beginnen wird.

2016-2017_Saisonrueckblick_1

Keine Saison erfüllte mich so sehr mit Freude wie ausgerechnet diese eine Zweitligasaison, und dennoch fand ich weder Kraft, noch Zeit, noch Muße, um einen letzten Blick zurückzuwerfen. Alle Blicke richten sich seit Tagen nur noch auf die neue Spielzeit, auf das Pokalspiel in Cottbus und die bevorstehenden Herausforderungen im Oberhaus. Da wirkt der Blick zurück doch nur allzu nostalgisch, sind viele Hoffnungen und Träume, die daraus entstanden, doch durch die jüngsten Entwicklungen schon wieder hinfällig. Unvergessen wird sie in jedem Fall bleiben – als einzigartiges Abenteuer, dass mir gezeigt hat, dass selbst ein bitterer Abstieg das Beste in uns zum Vorschein bringen kann.

2016-2017_Saisonrueckblick_2

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Testspiel
SG Sonnenhof Großaspach – VfB Stuttgart (1:2)
03.07.2016

2016_07_03_Grossaspach-VfB

Erst anderthalb Monate war es her, dass der VfB in Wolfsburg den bitteren Gang in die zweite Liga antreten musste, viel zu wenig Zeit, um sich zu erholen und sich darauf zu besinnen, wie schwer es für uns im Unterhaus werden würde. Sehr viel früher als sonst startete man in die Vorbereitung, unter anderem mit einem Testspiel in Großaspach – ein neu zum VfB gestoßener, groß gewachsener Stürmer machte das erste Tor für den VfB, genauestens beobachtet von Felix und mir, die wir nahezu direkt hinter dem Gehäuse gesessen waren. Sein Name: Simon Terodde. Mit großen Hoffnungen für die Offensive geholt. Noch ahnten wir nicht, wieviel Freude der Kerle uns noch machen würde.
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Testspiel
VfB Stuttgart – SpVgg Greuther Fürth (3:1)
30.07.2016

2016_07_30_VfB-Fuerth

Eine Woche blieb uns noch, bevor es in der zweiten Liga losgehen sollte, drei Wochen vor dem Start der Bundesliga. Meine Lust hielt sich noch dezent in Grenzen, doch wenn der VfB schon einmal zum Testspiel in der Nähe einlädt, folgen wir natürlich seinem Ruf. Es führte uns nach Weinstadt, wo auch die meisten unserer Auswärtsfahrten beginnen und enden, unter drückender Hitze mit Unmengen an Wasservorrat. Gegen den zukünftigen Gegner aus Fürth sollte es gehen, mit Argusaugen beobachtet und mit den Kameras von uns begleitet – mit an der Kasse hinterlegten VIP-Bändchen kamen wir nah heran und genossen den Tag.
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1. Spieltag
VfB Stuttgart – FC St. Pauli (2:1)
08.08.2016

2016_08_08_VfB-StPauli

An vieles würden wir uns erst gewöhnen müssen. Die neuen Stadien und die neuen Städte waren mit Sicherheit das Reizvollste, doch nicht alles in der zweiten Liga erschien uns mit dem Galgenhumor eines einstigen Bundesligisten erstrebenswert. Nicht nur mit neuen Uhrzeiten mussten wir kämpfen, sondern vor allem auch mit den Montagsspielen. Schon am ersten Spieltag begann für uns die schwere Bürde der ewigen Montagsspiele. Keiner wusste so recht, wie es werden würde, aber in einem waren wir uns fast sicher: dass es schwer werden dürfte, das Neckarstadion vollzubekommen. Nicht nur beim erfolgreichen Auftaktsieg vor vollem Haus sahen wir uns getäuscht, es ging nahezu die ganze Spielzeit weiter.
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2. Spieltag
Fortuna Düsseldorf – VfB Stuttgart (1:0)
12.08.2016

2016_08_12_Duesseldorf-VfB

Gute dreieinhalb Jahre war es her, als der VfB zuletzt in Düsseldorf gastierte, führte es uns die letzten Jahre doch eher nach Köln, Leverkusen und Mönchengladbach. Seit der Sommerpause begleiteten mich meine Zweifel, es würde so einfach werden, wie es sich so mancher vielleicht ausgemalt hatte. Wer absteigt, dominiert das Unterhaus nicht immer – das haben wir in Düsseldorf zum ersten Mal aufs Bitterste erfahren müssen. Was auch immer auf uns noch warten würde, es würde hart werden. Die Laune wollte ich mir davon nicht verderben lassen, doch es hätte es für sich gehabt, binnen von fünf Tagen neben der bestandenen Fahrprüfung auch die ersten sechs Punkte der Saison zu holen.
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DFB-Pokal, 1. Runde
FC 08 Homburg – VfB Stuttgart (0:3)
20.08.2016

2016_08_20_Homburg-VfB

„Oh, Homburg – nunja, hätte schlimmer kommen können“ murmelten wir vor uns hin, als des späten Abends am 18. Juni die Kugeln der ersten Pokalrunde gezogen wurden. Wir saßen im Separee des Clubrestaurents 1893 und feierten meinen 30. Geburtstag nach und hatten keine Ahnung, dass wir auch knapp ein Jahr später (und wahrscheinlich noch sehr viel länger) mit leuchtenden Augen von dem tollen Abend in Homburg erzählen würden: weniger wegen des überzeugenden Sieges, vielmehr für den Traum eines jeden Fanfotografen, der uns in diesen Stunden alles bot, was ein dubioser polnischer Online-Shop im Arsenal hat: Bengalos, Rauchtöpfe, Blinker – alles war dabei. Fantastisch!
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3. Spieltag
SV Sandhausen – VfB Stuttgart (1:2)
26.08.2016

2016_08_26_Sandhausen-VfB

Es gibt so viele Spiele, die von der Zweitligasaison hängen geblieben sind, auch das Auswärtsspiel in Sandhausen gehörte ohne Zweifel dazu. Wenn man für einen Moment nicht daran gedacht hat, dass der bitterste Moment der jüngeren Vereinsgeschichte noch keine drei Monate her war, mutete die Partie im Hardtwaldstadion fast wie ein Pokalspiel an. Bollahitz, gefühlte 60 Grad im Schatten – und ein gefühltes Heimspiel. Mehr als Dreiviertel der Stadionkapazität war dem Brustring gewogen und machte so viel Alarm, dass den Sandhausenern nahezu das Wellblechdach wegflog. Gut eine Stunde nach Abpfiff, als wir uns langsam auf die Rückreise machten, sagte die Bedienung am Getränkestand, sie hätte so etwas noch nie erlebt. „Wir auch nicht“ lachten wir und fuhren zufrieden nach Hause.
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4. Spieltag
VfB Stuttgart – 1. FC Heidenheim (1:2)
09.09.2016

2016_09_09_VfB-Heidenheim

Schon früh hatte ich sie lieb gewonnen, die Heimspiele am Freitagabend, die einzige Möglichkeit, ein entspanntes Spielberichtschreiben und die persönliche Freizeit in Einklang zu bringen. Dass nicht jedes davon Glück bringen konnte, war zu befürchten, und dennoch hatte es uns zutiefst erschüttert. Wer sich von Heidenheim in seinem eigenen Stadion in die Knie zwingen lässt, wie will man dem Rest der Liga noch das Fürchten lehren? Viele Fragen und noch viel mehr Frust standen zu Buche und noch bevor die Spielzeit so richtig begonnen hatte, verkündete der VfB wie so oft den ersten Trainerwechsel der Saison. Felix und ich waren bereits schon einige Tage im Urlaub, als wir vom Rücktritt von Jos Luhukay erfahren hatten. Meine Aufstiegshoffnungen waren fürs erste begraben – es fehlte mir schlichtweg an Vorstellungskraft, dass dies die wichtigste Entscheidung der Saison sein sollte.
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5. Spieltag
1. FC Kaiserslautern – VfB Stuttgart (0:1)
17.09.2016

2016_09_17_Kaiserslautern-VfB

Am Ende der Saison würde man sagen, man habe kaum ein Heimspiel an einem Samstag gehabt. Das Auswärtsspiel in Kaiserslautern könnte man mit einem Schmunzeln gut dazu zählen, hatten sich schließlich gut 15.000 Stuttgarter auf den Weg in die Pfalz gemacht. Erst ein paar wenige Tage zuvor übernahm Olaf Janßen vorübergehend das Steuer, und das ausgerechnet in Kaiserslautern, die so dringend nach den ersten Punkten der Saison lechzten, am Boden liegend, wie geschaffen für den VfB als guter Samariter. Der Ärger am Eingang wegen unseren Kameras war schnell vergessen und so genossen wir einen weiteren Auswärtsspieg . Wie solle man 15.000 Stuttgarter bei einem Auswärtsspiel noch toppen können? Einige Monate sollten noch vergehen, bis wir nach München und Nürnberg reisen mussten.
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6. Spieltag
VfB Stuttgart – Eintracht Braunschweig (2:0)
20.09.2016

2016_09_20_VfB-Braunschweig

Der erste Sieg gegen den ersten wirklich ernst zu nehmenden Konkurrenten. Braunschweig hatte bislang alle fünf Spiele gewinnen können und hatte sich oben an der Tabellenspitze abgesetzt, während wir mit fünf Punkten Rückstand auf Platz Vier saßen. Bis zum Schluss sollte Braunschweig neben Hannover und Union Berlin unser erbittertster Konkurrent bleiben, was aber wirklich in Erinnerung blieb, war die Anstoßzeit. Seit ich in Stuttgart lebe, musste ich mir noch nie für ein Heimspiel einen halben Tag Urlaub nehmen – aber es gibt ja bekanntermaßen für alles ein erstes Mal. Für Olaf Janßen war indes sein Amt als vorübergehender Cheftrainer beendet, damit ging er in die Geschichte ein als der erfolgreichste VfB-Trainer aller Zeiten, mit einer Siegquote von 100%.
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7. Spieltag
VfL Bochum – VfB Stuttgart (1:1)
23.09.2016

2016_09_23_Bochum-VfB

Ein wunderbarer Abend für Geschichten aus dem Hause „Ausgerechnet“. Ausgerechnet unser neuer Trainer Hannes Wolf, den bislang keiner so recht auf dem Zettel hatte, wurde in Bochum geboren. Ausgerechnet Simon Terodde hat hier jahrelang gespielt. Ausgerechnet hier war der VfB vor gut zwei Jahren in der ersten Runde des DFB-Pokals gescheitert, damaliger Doppeltorschütze: ausgerechnet Simon Terodde. Ausgerechnet hier musste unser neuer Trainer seine Premiere feiern, begleitet von tausenden Fans kam man aber nicht über ein 1:1 hinaus, dezente Unzufriedenheit und nicht einmal ein Tor von Simon Terodde.
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8. Spieltag
VfB Stuttgart – SpVgg Greuther Fürth (4:0)
02.10.2016

2016_10_03_VfB-Fuerth

Es dauerte Tage, mein grenzdebiles Dauergrinsen aus dem Gesicht zu bekommen. Übermannt von den Emotionen und in einem schwebenden Zustand, indem man sich wirklich dem Moment hingeben konnte, zehrte ich noch lange von dem 4:0 gegen Fürth. Nicht nur in seiner Deutlichkeit unvergesslich, sondern auch und vor allem wegen seiner Akteure. Mein Kumpel Sascha sagte noch vor dem Spiel zu mir: „Pass auf, der Carlos Mané macht heute zwei Tore!“ Ja klar, als ob, er war doch erst kurz vor Ende der Transferperiode zusammen mit Benjamin Pavard nach Stuttgart gewechselt, beide von Jos Luhukay verschmähten Spieler durften von Beginn an ran. Nach vier Minuten stand es bereits 2:0, beide Tore machte Carlos Mané, Benjamin Pavard folgte kurze Zeit später. Das glaubt man auch nur, wenn man es mit eigenen Augen gesehen hat.
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9. Spieltag
SG Dynamo Dresden – VfB Stuttgart (5:0)
16.10.2016

2016_10_15_Dresden-VfB

Gerade erst waren wir angekommen in der zweiten Liga, erfreuten uns an den ersten positiven Ergebnissen und waren hoffnungsvoll, das Unterhaus nach nur an einem Jahr ganz schnell wieder zu verlassen. Doch nichts holte uns auf so schmerzhafte und schockierende Art und Weise auf den Boden der Tatsachen zurück wie das Auswärtsspiel in Dresden. Was wäre nur gewesen, wenn Carlos Mané schon früh im Spiel zum 1:0 für den VfB getroffen hätte? Müßig zu sagen, dass wir vermutlich nicht frustriert wieder die Heimreise hätten antreten müssen. Binnen weniger Minuten überrollten uns die Dresdner nach allen Regeln der Kunst und beschämten und erniedrigten uns aufs Bitterste. Eines der wenigen Spiele, die ich gerne von meiner Liste der Erfahrungen streichen wollen würde.
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10. Spieltag
VfB Stuttgart – TSV 1860 München (2:1)
21.10.2016

2016_10_21_VfB-Muenchen

Um ehrlich zu sein, ich erinnere mich kaum noch an das Spiel an sich, wohl aber an drei Ereignisse im und abseits des Stadions. Zum einen war es das Kennenlernen von Stéphane und seiner Tochter Maxyne, die ich im Zuge dieses Spiels kennengelernt hatte, zum anderen die Tatsache, dass der Ausgleich in der Nachspielzeit durch die Gäste wegen Abseits aberkannt wurde, was aber nachweislich kein Abseits war, doch für die einzig wahre Gänsehaut an diesem Abend sorgte Daniel Ginczek. Was hat der Kerle nicht alles mitmachen müssen: nach seinem Kreuzbandriss in Nürnberg wechselte er alsbald nach Stuttgart, erlitt in seiner Blütezeit einen Bandscheibenvorfall, kämpfte sich mühsam zurück, nur um kurz vor der Rückkehr ins reguläre Mannschaftstraining den nächsten Kreuzbandriss zu erleiden. An diesem Abend im Oktober war es soweit, als sich das ganze Stadion erhob und seinen Namen rief, als er das Feld betrat. Willkommen zurück, Ginni!
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DFB-Pokal, 2. Runde
Borussia Mönchengladbach – VfB Stuttgart (2:0)
25.10.2016

2016_10_25_Gladbach-VfB

So gut es die Losfee in der ersten Pokalrunde mit uns meinte, so sehr erschreckte uns das Los für die zweite Runde. Schon so früh in der Pokalsaison auf einen Bundesligisten zu treffen, war sicher nicht so ganz in unserem Sinne, doch wer weiß, ob uns die weitere Doppelbelastung noch zum Verhängnis hätte werden können. Besonders viel gab ich nicht auf das Spiel an dem kalten Dienstagabend in Mönchengladbach, an dem es wohl ohnehin nicht viel zu holen gab. Dem war dann auch so, den noch nicht einmal übermäßig motivierten Hausherren konnte man nicht viel entgegen setzen, erntete am Ende dann aber doch das euphorische Geschrei des Gästeblocks, denn nichts, aber auch wirklich gar nichts war wichtiger als das Spiel, was einige Tage später folgen sollte.
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11. Spieltag
Karlsruher SC – VfB Stuttgart (1:3)
30.10.2016

2016_10_30_Karlsruhe-VfB

Es war schwer, einen klaren Gedanken zu fassen. Alles drehte sich nur um das eine Spiel, was nicht verloren werden durfte; um das eine Spiel, nachdem sich beide Vereine so lang gesehnt hatten; um das eine Spiel, das seit gut acht Jahren auf meiner ganz persönlichen „Bucket List“ stand. Einmal im Leben in Karlsruhe zum Derbysieger werden, endlich war der Tag gekommen. So stolz, glücklich und euphorisch ich nach dem Spiel auch war, ich denke, eine weitere Erfahrung dieser Art benötige ich nicht, 12 Stunden gebannte Hochspannung haben trotz der kurzen Strecke enorme Kraftreserven gekostet. Was hatten die Karlsruher nicht ihre Mäuler aufgerissen, haben Totenkreuze aufgestellt und davon gesprochen, den VfB zu erlegen. Funfact: am Ende der Saison stieg der VfB als Zweitligameister wieder auf, der KSC als Tabellenletzter ab.
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12. Spieltag
VfB Stuttgart – Arminia Bielefeld (3:1)
06.11.2016

2016_11_06_VfB-Bielefeld

Es sind nicht nur die Geschichten auf dem Platz, die über die Jahre hängen geblieben sind, oftmals sind es auch die Geschichten abseits davon, die im Gedächtnis bleiben. Wie das Heimspiel gegen Bielefeld, das erste Heimspiel an einem Samstag – und wenn ich mich richtig erinnere, gab es nicht mehr als zwei oder drei von der Sorte. Meine Freundin Jenni hatte sich auf den Weg nach Stuttgart gemacht, zusammen mit ihrem Freund und ihrem Bruder. Sie galt bisher nicht als glühendster Fan von Simon Terodde, der nur langsam in der Spielzeit in Tritt gekommen ist. Genau das verleitete zu einer wahnwitzigen Wette: sie war sich sicher, dass er keine drei Tore gegen Bielefeld erzielen würde und ließ sich darauf ein, im anderslautenden Fall einen ganzen Marathon zu absolvieren. Gut für uns: wir gewannen gegen Bielefeld. Blöd für Jenni: es war drei Mal Simon Terodde, und Jenni hatte auf einmal ein 43 Kilometer langes Problem.
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13. Spieltag
Union Berlin – VfB Stuttgart (1:1)
20.11.2016

2016_11_20_Union-VfB

Nach all den Jahren in den immer gleichen Stadien auch mal neue Refugien kennenlernen zu dürfen, das hatte durchaus etwas für sich. Als das spielerisch beste Spiel ging die Partie nicht ein, doch alleine das Stadion an der alten Försterei hatte einen gewissen Charme und als in Köpenick die Sonne unterging und die Spielstätte in ein warmes Licht tauchte, war ich für eine kurze Zeit mit mir und meinem Verein im Reinen. Natürlich hätte ich gerne drei Punkte statt nur einen mitgenommen. Natürlich hätte ich gerne mehr Zeit verbracht in Berlin. Natürlich hätte alles noch schöner werden können – aber niemand hatte gesagt, die zweite Liga wäre ein Ponyhof. Bis zum Ende würde uns Union noch ärgern, bis zum Rückspiel, als sich die Weichen endgültig gestellt hatten.
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14. Spieltag
VfB Stuttgart – 1. FC Nürnberg (3:1)
28.11.2016

2016_11_28_VfB-Nuernberg

Fünf Heimsiege in Folge – das musste man sich erst einmal auf der Zunge zergehen lassen. Es gab schon Zeiten, da war das durchaus anders, und niemand weiß, was nach der Rückkehr in die Bundesliga auf uns warten würde, aber ohne jeden Zweifel genoss ich diese Heimstärke durchaus. Das Heimspiel gegen Nürnberg begann für mich im Rahmen des „VfB Influencer Day“, einer Versammlung aktiver Twitterer und Instagrammer, von denen sich der VfB erhoffte, neues Publikum anzulocken. Beim Workshop saß ich dabei, in der Soccer Lounge in der Untertürkheimer Kurve, während sich draußen schon langsam die Ränge füllten. „Die da unten“ sagte ich und zeigte auf die Cannstatter Kurve, „um die müsst ihr euch kümmern“, und so verabschiedete ich mich, schlug das Angebot mit dem Gratisticket auf der Untertürkheimer Kurve aus und machte mich auf den Weg zu meinem Platz in der Cannstatter Kurve, gefolgt von einem souveränen 3:1-Sieg. Nirgendwo ist es schöner.
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15. Spieltag
FC Erzgebirge Aue – VfB Stuttgart (0:4)
04.12.2016

2016_12_04_Aue-VfB

Bitterkalt war es gewesen, als wir uns des Nachts gen Osten aufgemacht hatten. An von Schneereif bedeckten Wiesen vorbei fuhren wir in den Sonnenaufgang, ins Bundesland meiner Herkunft. Wir gehörten zur Vorhut, die sich bereits am Tag zuvor auf den Weg gemacht hatte, ein Besuch bei alten Freunden stand an. Mitten im Erzgebirge in der Weihnachtszeit, es gibt wahrlich schlechtere Zeitpunkte für schlechtere Ortschaften. Und auch das Spiel selbst war denkwürdig, vom leckeren Nudeltopf bis hin zum Pyro-Rauch, der das im Umbau befindliche Stadion umhüllte. Vier Tore standen am Ende des Tages zu Buche, nachzulesen auf einer winzig kleinen Anzeigetafel, die kaum größer als drei Meter gewesen sein dürfte, während uns vom Wald aus ein paar Kiebitze beobachteten.
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16. Spieltag
VfB Stuttgart – Hannover 96 (1:2)
12.12.2016

2016_12_12_VfB-Hannover

Es hätte alles so schön sein können, nach einer bislang doch recht erfolgreichen Hinrunde auch noch die letzten beiden Spieltage vor der wunderschönen Weihnachtszeit herumzubekommen und sich dann entspannt und hoffnungsvoll in die Winterpause zurückzuziehen. Es hätte alles so schön sein können, wenn der VfB unsere Pläne nicht durchkreuzt hätte. Wie schon in der vorentscheidenden Phase des Abstiegskampfs 2016 genehmigte man sich eine Auszeit und verlor vor eigener Kulisse gegen Mitabsteiger Hannover 96. Manche sagen, es sei ganz recht so gewesen, um alleine die zu bestrafen, die die Schmähgesänge gegen Martin Harnik begonnen hatten. „Du spielst scheiße, wie beim VfB“ münzte postwendend in seinem Tor, man blieb etwas ratlos und frustriert zurück und ahnte noch nicht, dass das noch nicht die Spitze des Eisbergs war.
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17. Spieltag
FC Würzburger Kickers – VfB Stuttgart (3:0)
18.12.2016

2016_12_18_Wuerzburg-VfB

Was für ein Brett. Damit mussten wir erst einmal umgehen lernen, aber wie in aller Welt sollte es uns gelingen, nun gelassen zu bleiben? Fassungslos mussten wir mitansehen, wie der VfB beim Drittligaaufsteiger Würzburg, an dessen Stadion wir auf dem Weg zu Auswärtsspielen schon dutzende Male vorbeigefahren sind, sang- und klanglos unterging. Keine geistige Frische, keine Leidenschaft, kein Dagegenhalten, nichts von alledem, was eine Mannschaft ausmacht, die nur im Entferntesten so etwas wie Aufstiegsambitionen an den Tag legen möchte. Ein viel zu kleiner und schmal gebauter Gästeblock, kombiniert mit einer derart schlechten Darbietung der Mannschaft hinterließ einen so faden Nachgeschmack, dass ich mich schon gar nicht mehr auf das bevorstehende Weihnachtsfest bei meiner Familie in Leipzig freuen konnte. Und natürlich fehlte es mir an Vorstellungskraft, dass in der Rückrunde nur noch zwei Spiele verloren gegeben werden müssten.
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18. Spieltag
FC St. Pauli – VfB Stuttgart (0:1)
29.01.2017

2017_01_29_StPauli-VfB

Endlich einmal auf St. Pauli, endlich einmal das Stadion nicht nur von der Reeperbahn aus sehen, endlich einmal hier zu Gast sein dürfen – was ironisch klingt, ist in der Tat seit Jahren ein großer Wunsch gewesen, sei es zum Pokal oder beim Zweitligaaufsteiger St. Pauli, nur wurde daraus leider nichts. Seit Sven Schipplock vor vielen Jahren zum 3:2 einnetzte, ist viel Wasser den Neckar hinunter gelaufen. Durch die Nacht hindurch brachte uns der ICE nach Hamburg. Alle Liebesmüh schien fast schon vergebens, bis Carlos Mané mit einem traumhaften Solo zum 0:1 einschoss und sowohl davor als auch danach die Hamburger nichts mehr dagegen zu setzen hatten. Ein gelungener Ausflug, sei es auch sehr absurd gewesen, innerhalb von 24 Stunden hin- und wieder zurückzufahren. Erschöpft, aber zufrieden erreichten wir die Landeshauptstadt. So gesehen sind wir schon herrlich bekloppt.
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19. Spieltag
VfB Stuttgart – Fortuna Düsseldorf (2:0)
06.02.2017

2017_02_06_VfB-Duesseldorf

Nachgezählt und nachgeschaut habe ich nicht, doch bin ich mir beinahe sicher, dass kein Heimspiel so schlecht besucht war wie das Montagsspiel gegen Fortuna Düsseldorf. Der Stimmung in der Cannstatter Kurve tat das keinen Abbruch und so feierten wir uns, die Mannschaft und die Zeit, die wir hier erleben dürfen. Nicht jeder konnte dem etwas Gutes abgewinnen, aber was blieb uns auch anderes übrig? Wir haben uns selbst auferlegt, den Verein auf all seinen Wegen zu begleiten, auch an einem nasskalten Montagabend im Februar, wenn ein normaler Mensch überall sein möchte, außer im Stadion.
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20. Spieltag
VfB Stuttgart – SV Sandhausen (2:1)
12.02.2017

2017_02_12_VfB-Sandhausen

Sehr viel würde von dieser Partie nicht übrig bleiben, aber Simon Teroddes Torjubel war für die Ewigkeit. Nachdem er fünf Minuten vor dem Ende per artistischem Seitfallzieher das 2:1 schoss, rannte er zur Eckfahne vor der Cannstatter Kurve, wollte sie umtreten, blieb aber an der Rasennarbe hängen. Die Folge: ein amüsantes Irgendwas, halb Umtreten, halb Stolpern, ein kurioses Bild. Monatelang hatte ich es mir selbst verboten und den Gedanken ganz schnell beiseite geschoben, doch an diesem Abend sprach ich es zum ersten Mal laut aus: „Eigentlich ist die zweite Liga gar nicht so blöd, wie ich dachte“. Dabei war Sandhausen, zusammen mit Heidenheim und Aue stets Sinnbild der Unterklassigkeit gewesen, des Frusts, des Niemandslandes. Ich hatte mich geirrt.
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21. Spieltag
1. FC Heidenheim – VfB Stuttgart (1:2)
17.02.2017

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Kaum etwas wird mir von diesem Tag so sehr in Erinnerung bleiben, wie das magische Tor von Josip Brekalo. Gerade noch fragte ich mich, warum in aller Welt er soweit entfernt vom gegnerischen Tor den Abschluss sucht, bis wenige Augenblicke später alles wild schreiend im Gästeblock durcheinander sprang. Kein Blatt Papier passte noch zwischen Ball und Gebälk, mitten in den Winkel, unwiderstehlich schön anzusehen und ein angemessener Anlass für so einige Bierduschen im kalten Februar. Es war fast so, als sei dieses Tor die einzige touristische Attraktion gewesen, denn mangels Zeit am Freitagabend verbrachten wir wartend im Auto. Extra für dieses Spiel hatte ich mir meine Wunschkamera im Kompaktformat vom Fotoladen meines Vertrauens ausgeliehen, keine sechs Monate später würde ich sie tatsächlich mein Eigen nennen. Und das Zahnspangenlächeln von Josip Brekalo? Das werde ich so schnell vermutlich nicht vergessen.
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22. Spieltag
VfB Stuttgart – 1. FC Kaiserslautern (2:0)
26.02.2017

2017_02_26_VfB-Kaiserslautern

Nicht alle Spiele in einer Saison bleiben in Erinnerung, schließlich gab es davon so einige in der Zweitligasaison. Ein weiteres Mal stellte man auf beeindruckende Art und Weise unter Beweis, mit wieviel Leidenschaft die Fanszene dieser Spielzeit im Unterhaus begegnet, wieder waren über 50.000 ins Neckarstadion gekommen. Wir alle sahen einen weitgehend ungefährdeten Sieg an einem Sonntagmittag, doch was wirklich hängen bleiben würde, waren die verhängnisvollen Stunden am Tag danach. Am darauffolgenden Montag saß ich mit Freunden in der Kneipe, in einer Nacht, als nicht weit von uns entfernt unser Spieler Kevin Großkreutz in eine Schlägerei geraten war und der infolgedessen vor die Tür gesetzt wurde. Ausgerechnet jetzt brauchte der Verein eine solche Unruhe nicht. Geschadet hat es am Ende zum Glück nicht, ein Geschmäckle blieb trotzdem.
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23. Spieltag
Eintracht Braunschweig – VfB Stuttgart (1:1)
06.03.2017

2017_03_06_Braunschweig-VfB

„Dieser Verein macht einen völlig fertig“ schnaufte ich in der urigen Eckkneipe in der Braunschweiger Altstadt, nahm einen großen Schluck Bier aus der Flasche und wandte mich grinsend dem Fernseher zu, der über den Köpfen der Eintracht-Fans an der Wand montiert war. Er zeigte die Bilder eines vor Regen triefenden Spiels, von Carlos Manés schnellem Tor und von zwei Braunschweiger Elfmetern, von denen Mitch Langerak einen gehalten hatte und auch vom Platzverweis kurz vor dem Ende der ersten Halbzeit, der unsere Hoffnungen schmälerte, hier mit Punkten wieder heimzufahren. Allen Widrigkeiten zum Trotz hielten wir ihnen stand und wehrten uns nach allen Regeln der Kunst. Was für die anderen wie eine gefühlte Niederlage war, war für uns ein gefühlter Sieg, den wir nur zu gerne mit Kusshand nahmen. Doch nicht jedes Unentschieden ist gleich viel wert, wie wir bald erfahren sollten.
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24. Spieltag
VfB Stuttgart – VfL Bochum (1:1)
10.03.2017

2017_03_10_VfB-Bochum

Was für eine totale Scheiße. Verwöhnt von so einigen erfolgreichen Spielen, da konnte selbst ein einfaches Unentschieden für großen Ungemach sorgen. Wer aufsteigen will, braucht sehr viel mehr als das und immer wieder erneutere ich meine Aussage: „Zum Aufsteigen ist das zu wenig“. Noch war genug Zeit, den Patzer wieder wettzumachen, aber wo war denn die Leidenschaft und der Biss? Oft sind es die ewig gleichen Fragen, die ich stelle, wenn ein Spiel nicht gewonnen werden konnte. In diesem Zuge wurde ich gefragt, ob ich erwartet hätte, dass der VfB ohne Punktverlust durch die Liga marschieren würde. Ich verneinte, fügte aber an, dass es zumindest dessen Anspruch sein muss.
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25. Spieltag
SpVgg Greuther Fürth – VfB Stuttgart (1:0)
18.03.2017

2017_03_18_Fuerth-VfB

Alles, was ich mir bislang in dieser Saison erhofft hatte, mit einem Schlag war es vorbei. Für mich stand fest, dass es nichts werden würde mit dem Aufstieg. Mal wieder. Es war nicht der erste Moment, indem ich das Gefühl hatte, alle Hoffnungen auf den Aufstieg wären zunichte gemacht worden, aber es war ohne jeden Zweifel der Moment, der mich am härtesten getroffen hatte. Es zog mir förmlich den Boden unter den Füßen weg, es wollte nicht in meinen Kopf, dass man ausgerechnet in Fürth verloren hatte. Lange war ich auf den kalten Stufen des Stadions sitzen geblieben, nicht einmal der Ordnungsdienst hatte sich getraut, mich rauszuwerfen. Die Folgen waren gar noch heftiger, als ich vermuten konnte. Wir verbrachten den Abend bei einer leckeren Pizza mit unseren besten Freunden und führten tiefgehende Gespräche, am nächsten Tag fühlte ich mich erkältet – es war der Auftakt zu einer heftigen Mandelentzündung.
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26. Spieltag
VfB Stuttgart – SG Dynamo Dresden (3:3)
02.04.2017

2017_04_02_VfB-Dresden

Stellt euch vor, ihr geht ins Stadion und könnt nichts sagen. Stellt euch vor, ihr geht ins Stadion und könnt nicht singen. Stellt euch vor, ihr geht ins Stadion und könnt nicht schreien, weil Simon Terodde nach einem 0:3-Rückstand in letzter Sekunde noch das 3:3 gemacht hat. Ein überaus befremdliches Gefühl begleitete mich, als mir daheim die Decke auf den Kopf zu fallen drohte und ich mich entgegen jeder Vernunft auf den Weg zum Stadion machte. Eine Wiedergutmachung für die Demütigung im Oktober sollte es werden, und doch drohte es ein weiterer Akt der Verzweiflung zu werden, als man noch in der ersten Halbzeit drei Gegentore bekam. Dass am Ende noch der eine Punkt zu Buche stehen sollte, hatte der VfB im Grunde gar nicht verdient, aber was heißt das schon.
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27. Spieltag
TSV 1860 München – VfB Stuttgart (1:1)
05.04.2017

2017_04_05_Muenchen-VfB

Es wollte mir einfach nicht in den Kopf, wie egal es dem VfB zu sein schien. Da machten sich gut 20.000 Stuttgarter an einem Mittwochabend auf den Weg, um den VfB in München zu unterstützen, der eigentlich nicht viel tun musste, um das Spiel zu gewinnen, und der sich dann aber doch so dermaßen schwertat, dass es ein slapstickartiges Anschussmurmeltor in der Nachspielzeit brauchte, um noch einen Punkt mitzunehmen. In beeindruckender Manier stellte die Fanszene wieder unter Beweis, wieviel sie in dieser harten Spielzeit zu geben bereit ist, wenn sie als Gegenleistung zurück bekommt, dass der geliebte Verein wieder aufsteigt. Dass man dann ein solches Spiel ablieferte, habe ich bis heute nicht verstanden. Das hat vermutlich keiner von uns.
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28. Spieltag
VfB Stuttgart – Karlsruher SC (2:0)
09.04.2017

2017_04_09_VfB-Karlsruhe

Da war sie wieder, die Anspannung. Nichts im Vergleich zu dem, was ich beim Hinspiel im Badischen erlebt habe, aber ein gewisses Knistern lag in der Luft. Schon am Vormittag machte ich mich auf den Weg und verbrachte lange Zeit auf der Schleyerbrücke, was tut man nicht alles für einen guten Fotoplatz. Eine halbe Ewigkeit später erreichte die eigens dafür aufgerufene Karawane das Stadion, davor und danach blieb es weitgehend ruhig, was man vom Spiel selbst nicht unbedingt behaupten konnte. Ein emotionales Spiel, das spürten auch die mitgereisten Gäste. So langsam dämmerte den Karlsruhern, dass es knapp werden könnte mit dem Klassenerhalt und nutzten die Bühne für nichts anderes als Randale. Pyro in allen Ehren, aber wer mit Leuchtrakten aufs Spielfeld schießt und damit fast die eigenen Leute trifft, hat den Schuss nicht gehört. Der Dank dafür war ein 2:0-Heimsieg des VfB und für die Karlsruher gab es neben einer saftigen Geldstrafe auch einen Zuschauerausschluss am Saisonende. Jeder so, wie er es verdient.
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29. Spieltag
Arminia Bielefeld – VfB Stuttgart (2:3)
17.04.2017

2017_04_17_Bielefeld-VfB

Was für ein Wechselbad der Gefühle, was sich da in Bielefeld abgespielt hatte. Für die meisten meiner Freunde und Wegbegleiter war es nicht der erste Ausflug in die Stadt, die es nicht gibt, für mich war es das allerdings schon. Fernab der allbekannten Stadien sollte es nun die Bielefelder Alm sein, Schauplatz einer Achterbahnfahrt der Gefühle. Mit großen Ambitionen gestartet lag man früh zurück, glich durch eine wunderbare Bogenlampe von Alexandru Maxim wieder aus, gefolgt vom Führungstor des VfB. Alles schaute gut aus, doch mit dem erneuten Ausgleich in der 73. Minute schien alles verloren und das Siegtor der Bielefelder war nur eine Frage der Zeit. Ein Gesicht wie drei Tage Regenwetter, doch alles war vergessen, als es dann doch noch fiel: Simon Terodde entdeckte just in diesem Moment seinen inneren Messi und vollendete wunderschön zum 3:2 für den VfB. Ich klammerte mich an den Zaun, schrie wie verrückt und stellte des Nachts im Hotelzimmer wieder einmal fest: „Ich bin zu alt für den Scheiß“.
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30. Spieltag
VfB Stuttgart – Union Berlin (3:1)
24.04.2017

2017_04_24_VfB-UnionBerlin

Die Allermeisten waren sich in diesem Moment sicher gewesen: der VfB war auf bestem Wege zum Aufstieg, wer sollte es uns denn auch schon nehmen? Hochstilisiert zum womöglich vorentscheidenden Spiel um die Aufstiegsplätze empfingen wir zuhause Union Berlin. Diese Dominanz, diese stellenweise Leichtigkeit, dieser Kampfgeist, diese phänomenale Stimmung, eine Symbiose zwischen Fans und Mannschaft. An diesem Abend wuchs etwas noch fester zusammen, was am Ende der Saison als das wortwörtlich tragende Element des Aufstiegs betitelt werden würde. Sei es das direkte Freistoßtor von Alexandru Maxim gewesen oder die anderen Momente, die diesen Abend so besonders gemacht haben. Nur eine zweifelte noch am großen Ganzen. Das war ich. Natürlich.
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31. Spieltag
1. FC Nürnberg – VfB Stuttgart (2:3)
29.04.2017

2017_04_29_Nuernberg-VfB

Momente wie diese sind für die Ewigkeit bestimmt, da habe ich überhaupt keinen Zweifel. Noch Stunden später zitterte meine Hand, als es schon längst vorbei war. Die entscheidende Phase der Saison hatte begonnen und der VfB war mittendrin – oder vielmehr: er war vorneweg. Einen Ausrutscher durfte man sich auf keinem Fall mehr leisten und so standen wir nun hier, im Gästebereich des Max-Morlock-Stadions und der VfB lag mit 0:2 zurück. Eine bittere Pille, die wir da schlucken mussten, aber in der Tat eine, die wir irgendwie herunterbekommen mussten. Es war Simon Terodde, der mit seinem Elfmeter zur Aufholjagd blies. Es war Daniel Ginczek, der kurz nach Wiederanpfiff den Ausgleich machte. Es war Florian Klein, von dem man wusste, dass er den Verein verlassen würde, der in der 91. Minute den Fuß zum 3:2 hingehalten hatte. Und es waren 20.000 Stuttgarter, die diesen Tag so unbeschreiblich und unvergesslich gemacht haben. Dafür lieben wir den Fußball.
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32. Spieltag
VfB Stuttgart – FC Erzgebirge Aue (3:0)
07.05.2017

2017_05_07_VfB-Aue

Ich frage mich, wo der VfB wohl gelandet wäre, wenn es uns nicht gelungen wäre, Simon Terodde an den Wasen zu lotsen. Mittlerweile ist er nicht mehr wegzudenken, das machte er ja bereits während der laufenden Spielzeit deutlich. Nach einem frühen Tor sah es gegen Aue zunächst nicht mehr ganz so dominant aus, erst gegen Ende erschlafften die Kräfte der Erzgebirgler unter ihrem neuen Trainer Domenico Tedesco, zwei weitere Tore später war der VfB nicht nur der Gewinner des Spiels, für viele bereits der designierte Aufsteiger. Noch wollte ich mich dieser romantischen Vorstellung nicht ganz hingeben, denn noch galt es zwei entscheidende Spiele zu überstehen.
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33. Spieltag
Hannover 96 – VfB Stuttgart (1:0)
14.05.2017

2017_05_14_Hannover-VfB

Da stand er nun, Alexandru Maxim, drei Minuten vor dem Ende der regulären Spielzeit. Er legte sich den Ball zurecht, warf noch einmal einen innigen Blick auf das weiß-rote Eck des Gästeblocks, wo abertausende hoffnungsvoller Stuttgarter den einen Moment herbeisehnte. Ein kurzer Anlauf, ein wuchtiger Strahl, links oben schlug der Ball im Winkel ein. Man kannte kein Halten mehr, dem blonden Rumänen folgten nicht nur seine Mitspieler zum Gästeblock, sondern auch alle verletzten und gesperrten Spieler, der gesamte Betreuerstab, und auch die Ordner konnten den Gästeblock nicht mehr zurückhalten. Der eine Punkt, der zum Aufstieg reichte. Vor meinem inneren Auge habe ich es bereits gesehen. Doch es kam alles anders, der Ball flog am Tor vorbei, der VfB verlor das Spiel – und war dank der skurrilen Schützenhilfe aus Bielefeld trotzdem so gut wie durch. Aber „so gut wie“ war mir nicht gut genug. Richtig freuen konnte ich mich nicht, schließlich hatte man beide Spiele gegen den direktesten Konkurrenten verloren und man hat bekanntlich schon Pferde vor der Apotheke kotzen sehen.
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34. Spieltag
VfB Stuttgart – FC Würzburger Kickers (4:1)
21.05.2017

2017_05_21_VfB-Wuerzburg

Ich hatte die Nase voll, und zwar von mir selber. Ich wollte nicht mehr ängstlich sein, wollte keine Panik mehr schieben, ich wollte ihn einfach nur in vollen Zügen genießen. Wie schnell sich die Dinge doch innerhalb eines Jahres ändern können. Es lag etwas in der Luft, als ich mich des Morgens auf den Weg zum SSC machte, wo erst einmal vorgeglüht wurde, bevor es rüberging zum Stadion. Eine lange Saison der Entbehrungen, der Abenteuer, der Emotionen sollte hier und heute zu Ende gehen. Es hätte schon viel schiefgehen müssen, um doch noch auf den Relegationsplatz zu fallen, doch an dieses Szenario wollte ich an diesem wundervollen Tag nicht denken. In Hannover ärgerte es mich maßlos, nicht aufgestiegen zu sein, nur um eine Woche festzustellen, dass ich mir den Aufstieg nicht schöner hätte vorstellen können. Inmitten von tausenden Leuten stand ich auf dem Rasen, sah zur Anzeigetafel, auf der in großen Lettern geschrieben stand „Weiß-rot ist erstklassig“ – und was vor einem Jahr die Tränen des Abstiegs waren, waren nun die so viel schöneren Tränen des Aufstiegs. Genauso habe ich es geträumt.
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In nun schon wenigen Stunden beginnt das erste Pflichtspiel für den VfB. Hierzusitzen und noch einmal einen Blick auf die vergangene Spielzeit zu werfen, erfüllt mich mit mehreren Emotionen: einerseits die Freude, das erleben zu dürfen, andererseits ein gewisser Wehmut, denn in der ersten Liga warten wieder die selben Stadien und der selbe Frust. Ich würde nicht sagen, ich wäre lieber nicht aufgestiegen, aber die zweite Liga an sich wird in positiver Erinnerung bleiben. Nichts machte mir vor einem Jahr mehr Angst als der Gedanke, alle meine Freunde würden nicht mehr ins Stadion kommen, der VfB würde einen Mist zusammenspielen und für Jahre in der Unterklassigkeit verharren. Ich hatte mich geirrt. Meine Lust auf die neue Saison ist noch äußerst verhalten, hat die Unruhe den Verein doch wieder fest im Griff. Niemand weiß, was wird. Ich weiß nur, dass solange auch nur ein Tropfen Blut in meinen Adern fließt, wird mein Herz für diesen Verein schlagen. Ganz egal in welcher Liga.

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