Tore schießen vermag manchmal die einfachste Sache der Welt zu sein. Man setze einem einen (derzeit) schwachen Gegner vor die Nase, wenn es um nichts mehr geht. So geschehen am Donnerstag, den 16.12.2010 im Neckarstadion in Stuttgart. Nach einem schwachen Beginn wurde das letzte Gruppenspiel gegen Odense BK doch noch zum Schützenfest, der Einstand von Neu-Trainer Bruno Labbadia ist geglückt, zumindest vorerst. Pass, Schuss, Tor. Es kann manchmal so einfach sein.

Vor leeren Tribünen mit gerade einmal 14.000 Zuschauern fand der Kick an jenem kühlen Abend statt, zu später Stunde um 21:05 wurde das Spiel angepfiffen, es gibt unter der Woche nichts Schlimmeres. Freie Platzwahl, die erste Halbzeit verbrachte ich gemütlich mit Freunden, man sah zunächst 20 zähe Minuten. Meine Aufmerksamkeit galt eher Danny, der Scherze riss wie ein humoristischer Radion-Moderator und Patti, der mit einem Schneeanzug die merkwürdigen Blicke auf sich zog – ihm wird’s egal gewesen sein, zumindest hat er nicht gefroren.

Um der Mannschaft ein Zeichen zu setzen und sie nicht wenige Tage späte rim Ligaspiel gegen die Bayern zu bestrafen, zog man den geplanten Stimmungsboykott vor und versagte der Mannschaft im bedeutungslosen Spiel gegen die Dänen den Support. Nicht, um uns grundsätzlich von ihnen abzuwenden, viel mehr, um zu zeigen, dass es so nicht weitergehen kann. Gegen Bayern sollte es dann wieder ordentlich zur Sache gehen.

Wenn man das Spiel mit einem einzigen Begriff beschreiben müsste, so würde sich „Geisterspiel“ am ehesten anbieten. Zu Beginn des Spiels wurde von den Ultras vom Commando Cannstatt ein großes Spruchband hochgehalten, auf dem die Worte „So fühlt sich 2. Liga an“ geschrieben waren, ein Fingerzeig auf das, was den VfB erwartet, wenn sie in der Liga nicht mehr in die Spur finden sollten: leere Stadien, schlechte Stimmung. Soweit wollen wir es nicht kommen lassen.

Der Ausgang des Spiels hatte keinerlei Bedeutung, jedoch erfreuten sich auch die Stillschweigenden an der VfB-Führung durch Timo Gebhart in der 20. Minute. Wir waren schon längst als Gruppenerster qualifiziert, noch ahnte keiner, dass aus der Partie noch ein Schützenfest werden würde. Hier und da verhaltenes Klatschen, doch im Großen und Ganzen war Schweigen angesagt.

Ganz entspannt und leicht unterkühlt ging es nach 45 Minuten in die Pause des letzten Europa League Gruppenspiels. Weder große Freude, noch große Enttäuschung, es war vielmehr die fehlende Begeisterungsfähigkeit für dieses Spiel. So war auch der Wunsch, möglichst keinen Support zu geben, ohne Schwierigkeiten erhört worden. Mancher Zuschauer wurde ganz allein in menschenleeren Blöcken gesichtet, ob eben jene wirklich keine Freunde haben, wie Danny meinte, ist nicht überliefert.

Das Erfreulichste am Beginn der 2. Halbzweit war, dass meine 1,96m große bessere Hälfte bei mir verweilte statt wie sonst im Oberrang. Nur kurz nach Wiederanpfiff nahm das Scheibenschießen dann seinen unaufhaltsamen Lauf, in der 48 Minute: ein Eigentor der Gäste und schon stand es 2:0, äußerst kurios, ein mildes Lächeln, mehr nicht. Wer behauptet dann auch, dass man die Tore immer selbst schießen muss.

Richtig los ging es erst ab der 65. Minute, als Christian Gentner nur 5 Minuten nach seiner Einwechslung das 3:0 erzielte und alle Zweifel am klaren Sieg beseitigte. Wieder nur 5 Minuten später traf auch Problemstürmer Pavel Pogrebnyak, oder war es doch eher ein weiterer missglückter Klärungsversuch eines Odense-Spielers? Eine Zugabe mehr fürs Kuriositätenkabinett. Schon 4:0 und immernoch eine Atmosphäre wie in einem Freundschaftsspiel.

Unser Torwart Sven Ulreich verlebte einen äußerst entspannten Abend. Einmal musste er dann doch hinter sich greifen. In der 72. Minute, kurz nach Pogrebnyask 4:0 erzielten die Dänen den Anschlusstreffer zum 4:1 und versuchten ein bisschen Ergebniskosmetik. Die zahlreich mitgereisten Odense-Fans freuten sich, die anstrengende Reise nicht völlig umsonst gemacht zu haben – oder klingt da gerade ein bisschen Ironie in meinen Worten mit?

Doch auch das eine dänische Tor machte uns nichts mehr, in der 3. Minute der Nachspielzeit wurde der alte 4-Tore-Abstand wieder verkürzt, Ciprian Marica, ebenfalls Problemstürmer, erzielte noch schnell das 5:1 und stimmte uns zuversichtlich für das in wenigen Tagen kommende Spiel gegen den Rekordmeister aus München.

Das war es nun, das Geisterspiel, das uns ein 5:1 bescherte und die erneute Gewissheit, dass Europa League nicht das Gleiche ist wie die Bundesliga. Wichtig wars nicht, Gut für die Psyche der Spiele allerdings schon, zumindest durfte man das erwarten. Es hat auf jeden Fall Spaß gemacht, diese Gruppenphase. In 6 Spielen gewann der VfB 5 Mal (darunter auch die Heimspiele gegen Bern und Getafe), teilweise klar und deutlich, nur die Schneeschlacht von Bern, in der viel Zufall entschied, wurde mit 1:3 verloren. Mit Spannung erwartet wurde a nächsten Tag die Ziehung des Gegners im Sechzehntelfinale: Benfica Lissabon, ich werde dabei sein.

Gefällt mir (Noch keine Bewertungen)
Loading...