Das Länderspieljahr 2008/2009 hatte nicht viel erfreuliches zu bieten, das erörterte ich bereits in meinem Beitrag zum Spiel gegen Aserbaidschan. Meist mit Dusel oder eben einfach nur im Weichspülgang quälten wir uns durch die Qualifikationsspiele zur WM 2010, das Unentschieden gegen Finnland im Oktober 2008 sollte das eine Unentschieden zu viel sein: wenn wir das Spiel gewonnen hätten, wäre dieses Spiel hier gegen Russland nicht so entscheidend. Somit wurde es die Entscheidungsschlacht von Moskau, deren Sieger direkt für die WM 2010 qualifiziert is. Grund genug also für die wiederentdeckte Aufregung und Emotion.

Das Länderspiel verfolgte ich in meiner Bundesliga-Stammkneipe im Leipziger Petersbogen, in der Gesellschaft eines netten jungen Mannes, der mich zu diesem Spiel begleitete. Der Nervositätsspiegel war selbstredend hoch, mussten wir dieses Spiel doch unbedingt gewinnen um alle Sorgenfältchen mit einmal zu glätten.

Und es wurde das Spiel, was man erwartet hat: ein Hauen und Stechen, zu jeder Minute spannend und elektrisierend bis in die Haarspitzen. Dabei wurde im Vorfeld so viel diskutiert über den Kunstrasen, auf dem man im Moskauer Stadion spielen sollte. Dabei brachte er eher uns als den Russen die Vorteile: das Spiel war schnell und die Passwege waren gut einstudiert, der Ball versprang weniger und der Atem wurde angehalten.

Nach 34 Minuten war es soweit: der kollektive Jubel beherrschte die Kneipe und unzählige deutsche Haushalte: Tooooor für Deutschland! Und wo er derzeit im Verein mehr auf der Bank sitzt als andere, wurde er einmal mehr unser Retter in der Not: Miroslav Klose schoss Deutschland in Moskau in Führung.

Die Parallelen zum Hinspiel im Oktober 2008 waren unübersehbar: eine starke erste Hälfte und ein bärenstarker Torwart René Adler, mein Landsmann. Und wenn schon Parallelen, dann richtig: erneut wurde im zweiten Durchgang gezittert, denn auf einma drückten die Russen. Die gelb-rote Karte des Debütanten Jerome Boateng spielte den stärker werdenden Russen natürlich ebenso in die Karten, doch der Adler flog und hiet alles ab, was aufs deutsche Tor kam, dieser Mann ist ein Phänomen. Selbstverständlich ist er das – er ist ja immerhin Leipziger!

Der Gegner erhöhte die Schlagkraft und wir sahen uns in Unterzahl plötzlich konfrontiert mit der geballten russischen Offensive: Andrej Archavin, Roman Pavluchenko und unser Neu-Stuttgarter Pavel Pograbnyak, die Kräfte schwanden langsam im deutschen Team. Doch wir hielten durch und grätschten mit unserer deutschen Humorlosigkeit alles weg, was sich uns näherte.

Als der Schiedsrichter die Partie abpfiff, konnte man die Sektflasche köpfen und anstoßen. Nicht auf ein tolles Länderspieljahr – sondern auf die letztendlich souverne Qualifikation zur WM 2010. Die Deutsche Nationalmannschaft darf nun schonmal die Koffer packen. Leider werde ich dieses Mal nicht hinterher reisen können, wie ich es noch bei der EM 2008 zu den Spielen gegen Österreich und Portugal machen konnte.

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