Es gibt Tage, da fehlen einem die Worte. Zu wissen, dass die neue Saison gerade erst begonnen hat, aber nicht zu wissen, was einem noch Hoffnung machen soll, ist beängstigend. Das kurze Loblied nach dem durchaus positiven Spiel in Gladbach ist schnell wieder verstummt. Zwei Spieltage sind jetzt vorüber, nachdem wir monatelang auf den Start der neuen Spielzeit warten mussten. Jetzt sitzen wir hier und stellen uns schon jetzt die Frage, von der wir gehofft hatten, sie die ganze Saison nie stellen zu müssen: „Wird es etwa noch schlimmer?“

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Dabei dachte ich, es würde so schnell kein derart schlimmes Spiel geben, was mit dem frühen Pokal-Aus in Bochum in Sachen Frust und Ernüchterung mithalten kann, nun sah ich mich in dieser Annahme ein weiteres Mal getäuscht. Neuen Mut hatte ich geschöpft, als man zumindest mit weit mehr als gedacht aus Gladbach wieder heimfuhr, einen Punkt im Gepäck hatte ich nicht erwartet. Die Meisten hatte das offensichtlich geblendet.

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Mut, Hoffnung, Entschlossenheit und Optimismus – all das hatte ich all die Jahre, die ich nun seit 2009 eine Dauerkarte besitze. Meine erste Saison pendelte ich alle zwei Wochen 500 Kilometer zwischen Leipzig und Stuttgart. Verglichen mit meinem Freundes- und Bekanntenkreis natürlich eine recht kurze Zeitspanne, doch sie reichte aus, um mir endgültig mit der Saison 2010/2011 zu zeigen, dass Optimismus manchmal überhaupt nichts bringt.

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Wenn es so einfach wäre…

Ein Bekannter von mir, den ich noch vom tooor.de-Forum kenne, ist Gladbach-Fan und las meinen Spielbericht. Für ihn hörte es sich so an, als würde ich mehr leiden als dass ich Spaß an meiner Truppe habe – und er hatte Recht! Wenn es so einfach wäre, würde ich meine Dauerkarte verkaufen, sämtliche Trikots, Schals, Bilder und alles, was das Wappen trägt, aus meinem Leben verbannen und mich nie wieder darum kümmern. Doch es ist nicht einfach, erst recht nicht, wenn einem doch immer wieder die Stunden in den Sinn kommen, die man wirklich genossen hat.

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Dass man erfolgreichere Zeiten nicht einfach so zurückholen kann, dass das Leben in der Vergangenheit mit entsprechendem Anspruchsdenken nicht sinnvoll ist (schon gar nicht als VfB-Fan) und dass es nach der letzten Saison Zeit brauchen würde, um wieder in die Spur zu kommen, soviel Theorie ist mir bewusst. In der Praxis sieht das anders aus. Dann stehst du im Stadion und vergisst auf einmal alles, was du dir vorgenommen hast.

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Dann schreist und fluchst du, und obwohl du es hast kommen sehen und dich darauf einstellen wolltest, bist du trotzdem wütend und frustriert. Stunden später sickert dann die Erkenntnis durch, dass man es doch vorher schon erwartet hatte und somit weit weniger enttäuscht sein müsste. Falsch. Man ist immer enttäuscht, völlig egal, was man erwartet hat. Und mit enttäuschten Erwartungen jedweder Art kennt sich der VfB mittlerweile ja bestens aus.

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Die grausame Statistik

Ich kannte die Statistik. Seit gut 15 Jahren wartete man auf einen Bundesliga-Heimsieg gegen den FC, eine fast ebenso schaurige Historie wie 19 lange Jahre in Berlin. Nur nicht zu viel erwarten, auch wenn ich mir ein Reißen dieser Serie sehr gewünscht hätte. Mit gemischten Gefühlen machten wir uns am Samstag Mittag also auf den Weg. Die Fanszene hatte wie jedes Jahr großes vor: der traditionelle Marsch vom Cannstatter Bahnhof zum Stadion, alle Jahre wieder im Zuge des ersten Heimspiels, die Karawane Cannstatt.

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Was sich wohl außenstehende Unwissende dabei denken, wenn sie hunderte und tausende VfB-Fans vor den Toren des Cannstatter Bahnhofs antreffen, Straßen gesperrt sind und fast alle von ihnen ein weißes Heimspieltrikot tragen. Der einzige Teil des Tages, auf den ich mich wirklich ohne Umschweife freuen durfte. Wie immer war mein Platz nicht etwa in der Menge der vielen Pilger, sondern einige Meter davor.

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Laut und farbenfroh zogen wir zum Stadion, unseren Weg säumten jene Fans, die der Karawane nicht beiwohnen wollten (oder konnten), trotzdem machte jeder fleißig Erinnerungsfotos mit dem Handy und blockierte damit oft die Sicht von uns Fotografen. Felix wartete derweil wie die Jahre zuvor auf der Brücke bei der Schleyerhalle, eine gefühlte Ewigkeit später („Schlaft ihr?“) und 523 Fotos später endete dort der gemeinsame Marsch. Der schöne Teil war vorbei, denn das Spiel würde es vermutlich nicht werden.

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Erinnerungen an erfolgreiche Zeiten

Erinnerungen an die Saison 2011/2012 kamen hoch, als wir mit der Karawane in unsere neue Cannstatter Kurve eingezogen waren. Der Gegner hieß damals Schalke und wurde mit 3:0 aus dem Stadion geschossen, am Ende einer durchwachsenen Saison kam der VfB in die Europa League. Durchaus unerwartet, nach dem Fast-Abstieg 2010/2011, ein positives Omen? Wohl kaum das Vertrauen in die eigene Mannschaft, in den eigenen Verein ist auf den Nullpunkt zurück gefallen.

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Eine traurige Tatsache, sollte mir die Truppe doch eigentlich mehr Spaß als Leid bereiten, oder? Doch wie kann ich Spaß haben, wenn man Woche für Woche sieht, dass nichts funktioniert, und vor allem, dass aus Fehlern nicht gelernt wird? Wie kann ich Freude empfinden, wenn die Mannschaft am Ende eines Spiels ausgepfiffen wird? Wie kann mir etwas Hoffnung machen, wenn es nichts Positives zu entdecken gibt?

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Ich wünschte ja, es wäre anders. Nicht zwangsläufig anders, dass der VfB erfolgreicher ist, das kann ich schließlich nicht beeinflussen, aber zumindest in sofern anders, dass es einem die Laune nicht für eine ganze Woche ruiniert – was im Zweifel auch mal mehrere Wochen und Monate Dauertief bedeuten können. Die fetten Jahre im Europapokal haben mich anspruchsvoll gemacht, doch muss ich wirklich klaglos mit ansehen, wie der Abstiegskampf zum Dauerthema wird?

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Der Angstgegner ist zu Gast

Zurück ins Neckarstadion. Bereits beim Testspiel gegen Hull City waren wir hierher zurück gekehrt, wenig erfolgreich lief die letzte Generalprobe vor der ebenso verpatzten Premiere im Pokal. Hierher zu kommen, vor großer Kulisse, zu einem Pflichtspiel, das ist dann eben doch noch etwas anderes. Es war schön, wieder hier zu sein, gleichermaßen sitzte mir die Angst im Nacken, wie es die nächsten Wochen weitergehen würde, falls der VfB ein weiteres Mal gegen seinen Angstgegner kein Land sieht.

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Das Gesicht spannte, die Kopfhaut brannte – dass uns ab Mitte der Karawane derart die Sonne auf den Latz knallen sollte, war so in Anbetracht der letzten meteorologischen Wochen nicht zu erwarten. Keine Kopfbedeckung, keine Sonnencreme, dafür wieder ein kleines bisschen mehr Röte im Gesicht. Was solls, darauf kommts jetzt auch nicht mehr an. Wieder nahm ich meinen Platz im Block ein, die gleichen bekannten Gesichter, als hätte es die drei Monate Sommerpause niemals gegeben.

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Auf der anderen Seite war der Gästeblock schon gut gefüllt. Wer will es ihnen verdenken, wenn der VfB einen Gegner hat, bei dem er zu 90% schon vor der Partie die drei Punkte einrechnen kann, würden wohl auch viele Fans anreisen. Mit dabei war auch eine langjährige Bekannte von mir aus Köln, die mit ihrer leichtfertig eingewilligten Wette endlich abschließen wollte. Und da waren noch jene 7.000 Fans, die bei der Karawane mitgelaufen waren, in der Hoffnung, einen wunderbaren Heimspielauftakt zu erleben.

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Alle in Weiß zum ersten Heimspiel

Fast das komplette Stadion in Weiß gekleidet. Auch das hat Tradition, in Kombination mit der Karawane Cannstatt wurde auch in dieser Saison darum gebeten, möglichst dem Dresscode „Alle in Weiß zum ersten Heimspiel“ zu folgen. Die perfekte Kulisse für einen gelungenen Auftakt, der das frühe Aus im Pokal vergessen macht und Hoffnung macht für die nächsten schweren Wochen. Wenn da nur nicht der schwere Kopf und der Gedanke an den Angstgegner wäre.

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Die Uhr tickte. Bald geht es los. Dicht drängten sich die Fans im Block, obwohl die Partie nicht ausverkauft war. Bedenkt man dabei die vielen Kölner Gäste kommt es nicht von ungefähr, dass es in Stuttgart immer weniger Leute richtig bockt, den Weg ins Neckarstadion auf sich zu nehmen. Da bleiben viele dann doch lieber daheim und können den Fernseher einfach abschalten, wenn es ihnen zu blöd wird. „Abschalten“ würde ich auch gerne mal.

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Auf dem Oberrang wurde ein riesiges Wappen entrollt, hinunter bis in die ersten Reihen des Stehplatzbereiches. Die Mannschaften betraten das Feld, es war angerichtet für das erste Heimspiel. Wie gerne ich nur die dunklen Gedanken in meinem Kopf unterdrücken und mich darauf einlassen wollte, dass jedes Spiel mit 0:0 beginnt. Welch schönes Gefühl in dem Moment, wenn das Spiel angepfiffen wird, und welche Ernüchterung hinterher übrig bleibt.

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Den „Veh-Start“ vermeiden

Tolle Stimmung in der Kurve, tolles Wetter und die Chance, den Fehlstart (oder auch „Veh-Start“) zu vermeiden und den Grundstein für einen positiven Saisonverlauf zu legen, die Fans wieder aus seine Seite zu ziehen und das ganze Umfeld daran zu erinnern, was es am VfB hat. Es hätte ein toller Tag werden können, doch wenn das Wörtchen „Wenn“ nicht wär’… So langsam rollte der Ball, von Beginn an die Kontrolle zu übernehmen, war noch nie die Spezialität unserer Pappenheimer. So plätscherten die ersten Minuten dahin.

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Uninspirierte lange Bälle, die beim Gegner landeten. Fahrlässiges Verhalten bei Ballbesitz, wieder landete der Ball beim Gegner. Die ersten Eindrücke der Partie vermittelten zügig eine Idee davon, was uns 90 Minuten lang erwarten soll. Lange brauchten die Kölner nicht, um nahezu unbedrängt in unsere Hälfte zu kommen, innerhalb kurzer Zeit, zwei, drei gefährliche Situationen. Und was macht der VfB? Statt einen schnellen Konter zu fahren und jegliche Kölner Hoffnungen im Keim zu ersticken, trabt er gemütlich dahin, als hätte er jede Menge Zeit.

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Das blieb auch den 55.000 Zuschauern nicht verborgen. War ein Großteil der Cannstatter Kurve zu Beginn der Partie noch engagiert zu Werke gegangen, flaute die Stimmung minütlich mehr und mehr ab, bis nur noch der aktive Kern in den Blöcken 34 bis 36 übrig geblieben war. Gegenüber sah man einen gut gelaunten mitgereisten Anhang aus der Domstadt, der immer wieder optisch und akustisch auf sich aufmerksam machen zu wusste.

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Der Lauf des Grauens

Währenddessen nahm das Ballgeschiebe seinen Lauf – gedachte die Mannschaft vielleicht irgendwann noch, aktiv ins Spielgeschehen einzugreifen, statt einfach nur zu reagieren? Hat man sich verunsichern lassen von der vergangenen Saison, als eine 1:0-Führung am Ende fast immer eine Last-Minute-Niederlage bedeutet hatte? Warum scheut es die Mannschaft so sehr, das Spiel zu machen? Auf den Rängen besang der Stimmungskern noch „Unsere Liebe VfB“, eine Liebe, die immer wieder auf die Probe gestellt wird.

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Etwas mehr als 20 Minuten waren gespielt, das Erwartete nahm seinen Lauf. Wo war Antonio Rüdiger, der den Ball hätte wegköpfen müssen? Was machte Daniel Schwaab, als er in höchster Not noch an den Ball ging? Bereits im letzten Jahr führte sein Eigentor im ersten Heimspiel gegen Leverkusen zur Niederlage. Sven Ulreich war noch dran, konnte den Nachschuss von Yuya Osako nicht mehr verhindern. Wirklich überrascht hatte mich der Rückstand an sich nicht, doch umso mehr, wie er zustande kam.

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Stumm stand die Kurve da, nicht in der Lage, einfach so weiter zu machen. Aus der anderen Ecke des Stadions feierte der Anhang die Rückkehr des FC und ich stellte wieder fest, wie wunderbar sorglos die Sommerpause gewesen war. Nur langsam nahm der aktive Kern den Support wieder auf, viele in meinem Umfeld erhoben ihre Stimme in diesem Spiel nicht mehr, fast so, als wären sie tatsächlich überrascht, was sie hier sehen.

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Deckel drauf, oder?

Viel zu langsam, viel zu behäbig, viel zu ideenlos – viel positives konnte man dem Spiel nicht abgewinnen, obwohl die Zeit noch gut gereicht hätte, die Partie in ein entsprechend gutes Ergebnis umzubiegen. Ein optisches Übergewicht und mehr Ballbesitz bringen halt nichts, wenn du den Ball vorne nicht rein bekommst und auch nicht den richtigen Willen hast, etwas für dein eigenes Glück zu tun.

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Als sei das alles nicht schon schlimm genug gewesen, setzte der FC noch einen drauf. Wieder war Antonio Rüdiger daran beteiligt, ein langer Pass aus dem Kölner Strafraum landete direkt bei Anthony Ujah, nur Antonio Rüdiger war bei ihm, der aktuell ein echtes Stabilitätsproblem hat. Weit entfernt die Kollegen Gotoku Sakai und Daniel Schwaab. Und wie das nun mal so ist, wenn du mit den Nerven ohnehin schon ein Problem hast: dann kassierst du halt noch das zweite Gegentor. Vor der Halbzeitpause. Vor der eigenen Kurve.

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Stille. Ein weiteres Mal. Zehn Minuten vor der Halbzeitpause war das Spiel quasi gelaufen, wer solle denn hier noch Tore schießen, außer unseren Gästen aus Köln? Der Wiederaufstieg der Kölner war mir nicht unbedingt unrecht, besuche ich doch gerne die Auswärtsspiele in der Domstadt, und die grausame Heimstatistik, tja, die muss ja irgendwann schließlich auch mal reißen. Im Hier und Jetzt stand das 0:2 auf der Anzeigetafel.

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Schwere Zeiten

Spätestens jetzt wurde selbst den unerschrockensten Optimisten klar, dass dies wahrscheinlich schief gehen würde. Da sangen sie schon „Sieg!“ im Gästeblock und sollten am Ende Recht behalten, kein Wunder bei einer derart uninspirierten und blutleeren Darbietung der Mannschaft, die so viel wieder gut zu machen hatte, und sich stattdessen dafür entschied, immer noch einen drauf zu setzen.

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Ewig belastbar ist die schwäbische Fußballseele nicht, das sollte sich am Wasen doch mittlerweile eigentlich herumgesprochen haben. Es interessierte sie nur einfach nicht. Weitere trostlose Minuten später erlöste uns der Pfiff von Schiedsrichter Dr. Felix Brych und gab damit Armin Veh die Möglichkeit, Veränderungen vorzunehmen und dem Sauhaufen, der bisher auf dem Feld stand, die Leviten zu lesen.

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Die sogenannte Leistung quittierte die Haupttribüne sowie einige Teile der Kurve mit entsprechenden Pfiffen. Wie hilfreich das ist, sei dahin gestellt, in Sachen Psychologie gibt es jedoch andere Mittel und Wege, wieder in die Spur zu finden. Welche das sind, kann ich nicht beantworten, doch gehören Pfiffe mit Sicherheit nicht dazu. Mit offenen Ohren lauschte ich den wenig positiven Gesprächen in der Kurve, während ich wortlos zwischen Feld und Kurve meinen Blick schweifen ließ.

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Ideenloses Ballgeschiebe

Für den glücklosen Martin Harnik durfte Timo Werner die zweite Halbzeit spielen, ungeachtet der Tatsache, dass sich unser junges Talent selbst grade im Leistungs- und Stimmungstief befindet. Hat ihm der Hype, der um ihn gemacht wurde, nicht gut getan? Wenig blieb zu hoffen, was denn im zweiten Durchgang überhaupt noch besser werden sollte. Das ging wohl den Meisten so, die die trostlose und ernüchternde erste Hälfte gesehen hatten.

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„Wir wollen euch kämpfen sehen!“ skandierte die Kurve und bemühte die letzten Kraftreserven. Vielleicht passiert ja noch ein Wunder und es findet Gehör, doch wissen wir doch alle, dass es beim Singen dieses Textes oft schon zu spät ist. Wie erwartet ging es genau so weiter wie befürchtet: sinnfreies Ballgeschiebe im Mittelfeld, frei von jeglicher Leidenschaft und dem Willen, auf das Anschlusstor zu drängen, geschweige denn von dem Bestreben, es sich nicht vollends mit seinen Fans verscherzen zu wollen.

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Vieles blieb der VfB in dieser Partie schuldig, auch die Stimmung beim Heimpublikum ebbte mehr und mehr ab und mündete schließlich in einem lauter werdenden Pfeifkonzert, in dem jeder leichtfertig vertändelte Ball und jeder Pass ins Nirgendwo eine neue Strophe fand. Auch in Halbzeit Zwei änderte sich nicht viel an der Tatsache, dass man zwar optische Überlegenheit hatte, mit dieser aber nichts anzufangen wusste.

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Das Schweigen der Kurve

In weiten Teilen der Kurve war Stille eingekehrt, man überließ den Gästen aus Köln die akustische Hohheit, es machte keinen Sinn mehr, jetzt noch auf ein positives Signal der Mannschaft zu warten. Die Partie plätscherte weiterhin vor sich hin, sinnlos, es als Fan noch irgendwie zu kommentieren, ich hatte keine Kraft mehr. Lediglich ein kurzes Aufbäumen der Entrüstung, als ein hohes Bein im Strafraum Christian Gentner zu Fall brachte. Der Pfiff blieb aus und damit auch die wohl letzte Möglichkeit, noch etwas Zählbares aus dem Spiel heraus zu holen.

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Erinnerungen wurden wach an das Jahr 2009, Jens Lehmanns berühmter außerstrafräumlicher Ausflug ins Nichts, eine Bogenlampe der Kölner bedeutete schließlich das 0:2, der Beginn meines ganz persönlichen Kölner Heimtraumas. Meine Eltern waren damals mit mir angereist, 500 Kilometer für Nichts. Wieder war es ein frecher Heber, den ich mir hier anschauen musste. Au backe, gleich kommt das 0:3. Nur knapp segelte der Schuss von Daniel Halfar am Tor vorbei.

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Und so zogen sich ewig lang die letzten Minuten bis zum Anpfiff. Welch scheussliche Blamage, doch leider hochverdient. Wer derart lustlos in ein Spiel geht, das eigentlich den Grundstein für eine „nicht ganz so miserable“ Saison darstellen sollte, hat es nicht anders verdient. Als würden sie 2:0 führen trabten unsere Spieler, die den Brustring nicht verdient haben, über den Platz. Kein Wille, kein Aufbäumen, keine Leidenschaft – und das seit der ersten Minute.

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Unrühmliche Gesten

„Der FC Köln ist wieder da“ – und der VfB dort, wo er nach eigenem Ermessen ja gaaaaar nicht hingehört: an den Abgrund. Entsprechend das Echo von den Rängen, als Dr. Felix Brych die Partie um ca. 17:22 Uhr abpfiff. Armin Veh verzog sich umgehend in die Katakomben des Neckarstadions und wird sich vermutlich gefragt haben, was in dazu geritten hat, seinen Seelenfrieden an dem Ort zu suchen, wo er 2007 seinen größten Erfolg feiern konnte. Where did it all go wrong…?

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Zwei Wochen ist es her, seit sich die Mannschaft nach einem ähnlich erbärmlichen Auftritt ihren Fans stellen musste. Knapp 3.000 Fans in Bochum sorgten für ein schallende Pfiffe, es war nicht zu erwarten, dass die Pfiffe von gut 50.000 Fans vor eigener Kulisse so viel zaghafter ausfallen dürften. Unsere Erwartungshaltung sei zu hoch, heißt es immer wieder. Doch wenn wir keinen Heimsieg gegen einen Aufsteiger erwarten dürfen, was dann?

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Bitter genug traf uns diese Niederlage ins Gesicht, doch was folgte, war beinahe noch schlimmer als 90 Minuten ideenloses Ballgeschiebe. Kaum vor der Cannstatter Kurve angekommen, prallte ihnen die zu erwartende Reaktion entgegen, die meisten von ihnen wussten bereits, wie das Stuttgarter Publikum drauf ist, besonders nach solchen Spielen. Doch einer, der vorausgehen sollte, winkte ab und kehrte um. Ausgerechnet Sven Ulreich, Führungsspieler und Sympathieträger.

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Die Schuld der Fans?

Und es kam noch „besser“ – Daniel Schwaab äußerte in einem Field-Interview, dass die Fans eine Teilschuld daran haben, wenn sie nach 30 Minuten schon anfangen mit pfeiffen. Soso, uns trifft also die Schuld? Uns, die wir dem Verein Woche für Woche die Ehre erweisen, unsere Zeit, unser Geld und unsere Leidenschaft investieren, die wir alles geben, alles hoffen und so viel ertragen (müssen)? Die Reaktionen beider Spieler ist für uns ein Schlag ins Gesicht.

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Es bleibt abzuwarten, ob sich unser Innenverteidiger zu dieser Aussage noch einmal äußern wird, auch Sven Ulreich ist jegliches Kommentar schuldig. Zu erwarten ist von beiden jedoch nicht mehr als ein „Im Frust kann sowas schonmal rausrutschen…“ Statt das Gespräch zu suchen und auf uns Fans zuzugehen, die missliche Lage offen und ehrlich anzusprechen, kehrten sie uns nach Ulles Aufforderung ala „Hat eh keinen Sinn mit denen“ den Rücken und verschwanden.

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Unser Kumpel Gerd hatte es neulich recht trefflich gesagt, was solche Momente angeht: „Kommen sie in die Kurve, wird gepfiffen, kommen sie nicht, wird auch gepfiffen – in solchen Momenten gibt es nichts Rechtes, was sie tun können, denn sie haben vorher schon versagt“. Kraftlos lehnte ich mit dem Rücken am untersten Wellenbrecher des Blocks. Ein weiteres Mal mit dieser großen Leere, die zurück bleibt, wenn die Mannschaft jeglicher akzeptablen Leistung schuldig geblieben war und selbst jene Spiele verliert, die man nie nie niemals verlieren darf.

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„Sag nichts!“

Wie immer wartete ich auf Felix, der nach den Spielen zu mir in den Block kommt, die einzig zuverlässige Art und Weise, sich schnell wieder zu finden, wenn die Kurve nach der Partie nach draußen strömt. „Sag nichts!“ sprach er und umarmte mich fest. Auch er wird mich so schnell nicht trösten können. Viele hängende Köpfe säumten unseren Weg nach Hause, unweit des Cannstatter Bahnhofs. Hier und da konnte ich nur ein paar wütende Worte aufschnappen, „lustlos“ kam dabei am häufigsten vor.

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Was nimmt man also mit, nach dem zweiten negativen Offenbarungseid nach nur drei Pflichtspielen? Zu diesem frühen Zeitpunkt der Saison schon eingestehen müssen, wie schwer es doch werden wird, wenn sich nicht bald etwas ändert, ist schockierend und ernüchternd zugleich. Keinem der Spieler würde ich grundsätzlich die Fähigkeit absprechen, mit dem Ball umzugehen, doch miteinander umzugehen, das scheint seit drei Jahren nicht auf dem Trainingsplan der zahlreichen Coaches zu stehen.

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An allen Ecken krankt es, nicht nur im Mannschaftsgefüge, einer Ansammlung von Einzelnen, die sich schwer tun, gemeinsam für eine Sache zu kämpfen, nicht nur für den gemeinsamen sportlichen Erfolg, sondern auch für die treuen Fans. Lediglich meine langjährige Bekannte aus Köln hatte ihren Spaß. Sie durfte das Gladbach-Armband, was sie seit dem Derby am 15. April 2012 bis zum nächsten Bundesliga-Sieg der Kölner nicht abnehmen durfte, nach dem Spiel von ihrem Handgelenk reißen. Befreiung und Sorglosigkeit können etwas Wunderbares sein – wenn es einen denn selbst treffen würde.

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