Im Grunde gibt es an dem einen Punkt rein gar nichts zu beschönigen. Wie schon in der vergangenen Wochen reicht er nicht aus, um seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen, die sich Woche für Woche enger und schmerzhafter um unserem Hals legt und uns die Luft abschnürt. Wir dachten alle, wir hätten mehr Zeit. Wir dachten alle, es würde uns erspart bleiben. Im eiskalten Regen vor dem Mainzer Stadion fragte mich mein Kumpel Markus Stunden vor der Partie, wann genau die Spielzeit gekippt war. Der Zerfall kam schleichend, die Erkenntnis spät. Schadensbegrenzung. Um sehr viel mehr kann es diese Saison nicht mehr gehen.

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War es die Lustlosigkeit der zweiten Halbzeit in Berlin? War es die desolate Arbeitsverweigerung gegen Augsburg? War es das Ziehen der Reißleine mit der Entlassung von Alexander Zorniger, von dem man sich so viel versprochen hatte? Für mich steht lediglich fest, dass wir uns mit dem Gedanken anfreunden müssen, dass es ein Ding der Unmöglichkeit wird, diese Spielzeit noch zu retten, man kann es sich einfach nicht vorstellen, was dem VfB Stuttgart in dieser mehr als misslichen Lage denn noch helfen soll.

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Nur schwer lassen sich diese Zeilen schreiben, zerfressen von Frust sitze ich hier und vermisse all das, was mich einst dazu bewegte, hier Woche für Woche voller Leidenschaft für den VfB zu schreiben. Ich liebe das, was ich tue, und ohne jeden Zweifel liebe ich den VfB – doch fällt es schwer, sich immer wieder aufzuraffen, den Kopf hochzunehmen und zu sagen „Ich stehe dazu!“. Oft standen wir bereits am Abgrund, genauso oft hatten wir uns gerettet. Zweifel nagen an mir, dass es noch einmal reicht.

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Leer und ausgebrannt

Es soll endlich Winterpause sein. Es soll endlich Klarheit entstehen bei der Frage, wer in der Rückrunde an der Seitenlinie steht und einem weitgehend emotionslosen Haufen von Söldnern sagen wird, was sie tun sollen, die es ohnehin ignorieren und jeder das tut, was ihm in den Kram passt, nämlich das Nichtstun. Ihr lest die Verbitterung in diesen Zeilen, ihr seht die Enttäuschung in meinen Augen, wenn wir uns am Spieltag im Stadion begegnen und ihr spürt die Verzweiflung einer ganzen Fanszene. Niemandem von uns Fans ist egal, was mit dem Verein passiert, ob das jedem Beteiligtem beim VfB ebenso ergeht, ist zu bezweifeln.

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Fußball in seiner Grundform ist tatsächlich einfach: wer mehr Tore macht als der Gegner, gewinnt das Spiel und wer am Ende einer Spielzeit die wenigsten Punkte gesammelt hat, wird bestraft und steigt ab. Noch vor ein paar wenigen Monaten tat ich mich schwer, zu ertragen, wie der VfB nur gut spielen konnte und am Ende dennoch verlor. Frustriert blieb ich zurück und konnte einfach nicht verstehen, warum es mich so unendlich quält. Es war ein erster Vorgeschmack auf das, was noch auf uns zukommen sollte.

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Der Kloß in meinem Hals wird immer dicker. Ich kenne das Gefühl noch zu gut, vor gut einem halben Jahr kämpfte ich gegen meine Tränen, als der VfB die Punkte liegen ließ, die uns am Ende der vergangenen Saison mutmaßlich und ganz sicherlich die Klasse gekostet hätten. Auch denke ich an den emotionalsten Moment des ganzen Jahres 2015, als Daniel Ginczek das Tor in Paderborn erzielte. Schwermütig haben wir erkannt, dass sich alles wiederholt und der Verein und die Mannschaft einfach nicht aus der Vergangenheit lernt und dazu verdammt ist, alle Fehler immer und immer wieder erneut zu wiederholen.

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Endlosschleife

Ich will das hier nicht. Ich will nicht hier sitzen und mich fragen, ob ich mich damals vielleicht doch lieber für ein entspanntes sorgloses und fußballfreies Leben hätte entscheiden sollen. Ich will nicht hier sitzen und mir tief im Inneren schon sicher sein, dass diese Saison rein logisch und statistisch gesehen nur mit einem Abstieg enden kann. Ich will nicht hier sitzen und mich selbst traktieren, doch genau das tue ich.

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Statt es sein zu lassen, den Blog auf Eis zu legen und mich auf die Dinge zu besinnen, die doch so viel schöner und wichtiger sein sollten, entscheide ich mich, das hier zu tun – immer wieder in der blinden Hoffnung, mein schlechtes Bauchgefühl würde mich doch einmal täuschen. „Es kommen auch wieder bessere Zeiten“ – beinahe kein Spruch nervt mich derzeit mehr als dieser. Warten wir nun nicht lange genug darauf?

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Wieviele Spielzeiten in Folge sollen wir uns noch die Frage stellen, wie es sein kann, dass es der VfB einfach nicht schafft, aus dem vorhandenen durchaus passablen Spielermaterial eine ansehnliche Konstanz zu entwickeln? Jahr für Jahr das gleiche Spiel, immer wieder die schallenden Ohrfeigen für die treuen Fans, die so viel auf sich nehmen, um den Verein zu unterstützen. Und dann sind wir es natürlich, die zu ungeduldig sind, zu bruddeln, zu anspruchsvoll. Natürlich.

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Mainz ist nicht meins

Das Auswärtsspiel in Mainz war für mich noch nie mit vielen positiven Erinnerungen verbunden, allenfalls Filip Kostics Debüttor im Brustring rettete den Abend vor gut einem Jahr. Viel kam bis dahin nicht von ihm, umso mehr kam danach. Wir verliebten uns in der Rückrunde alsbald in unseren Flügelflitzer, der Ibrahima Traoré schnell vergessen machte, seine Flanken, seine Vorlagen, sein Engagement. Nichts von alledem ist noch übrig. Ein Schatten seiner selbst, seit er im Sommer mit einem abrupten Wechsel nach Schalke kokettierte. Auf ihn konnten wir fortan nicht mehr zählen, auch Daniel Ginczek und Martin Harnik schieden aus.

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Wer nichts erwartet, kann auch nicht enttäuscht werden. Eine simple, wenn auch verbitterte Maxime, die ich mir hier zugelegt habe. Zu viel Vertrauen in diesen Verein wurde missbraucht, enttäuscht und mit Füßen getreten, es ist legitim, dass wir Anhänger Allem kritisch gegenüber stehen. Mit unguten Gefühlen machten wir uns auf den Weg nach Mainz, wo uns vermutlich das standardmäßige 3:1 erwarten würde.

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Zu fünft brachen wir am frühen Nachmittag auf, mit mehreren Kameras machten wir uns auf den Weg zum letzten Auswärtsspiel des Jahres 2015, das uns oft übel mitgespielt hatte. Mental hatte ich mich auf den Mainzer Weihnachtsmarkt und das eine oder andere Gläschen Glühwein gefreut, doch kamen wir nicht einmal ohne Stau aus dem Stuttgarter Raum heraus, die Zeit wurde knapp und so fuhren wir als allererste auf den Gästeparkplatz vor der lieblosen Arena, die wie viele andere emotionslos in die Pampa gesetzt wurde.

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Mit der großen Kamera im Schlepptau

Es regnete, der Wind war eiskalt und eine weitere Schmach stand uns höchstwahrscheinlich auch bevor. Da hätte ich Glühwein zum Schöntrinken wirklich nötig gehabt. Nur langsam füllte sich der Parkplatz, schon längst war es dunkel geworden. Gut eine Stunde saßen wir im Kleinbus, wärmten uns noch ein wenig auf und beobachteten durch die beschlagenen Scheiben, wie sie draußen im T-Shirt bei ekelhaftem Wetter Fußball spielten. Alles Amateure! Dabei hatte die eigentliche Partie noch nicht einmal angefangen.

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„Also gut, bringen wir es hinter uns“ grummelte ich in meine zwei warmen Schals hinein, die ich mehrere Male um meinen Hals geschlungen hatte. Eines der wenigen positiven Aspekte war, dass sich die Mainzer bereit erklärten, die Regeln für die Kameramitnahme etwas zu lockern, eine Spiegelreflexkamera mit kleinem Objektiv war erlaubt, wovon Felix und ich natürlich Gebrauch machten. Dass mit bei der Eingangskontrolle gesagt wurde, ich müsse die Tasche abgeben, verstand ich nicht, was ich auch lautstark kund gab und mit der Sicherheitschefin sprechen wollte – und siehe da, ein Blick und auf einmal war alles in Ordnung, man wünschte mir viel Spaß und ließ mich ziehen.

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Zum vierten Mal war ich hier, stieg zum vierten Mal die glitschigen Betonstufen hinauf, zum vierten Mal kam ich nach einigen Metern zum Stehen und dachte für einen kurzen Moment, es könne ja durchaus etwas werden, bis mich der Realismus wieder im Griff hat. Zu schlecht die Leistungen, zu schlecht die Mentalität, zu schlecht bei Allem, was eine gestandene Bundesligamannschaft ausmacht, die zurecht vor gut einem halben Jahr die Klasse gehalten hatte. Wäre es nicht die Sucht und der Wille, die dritte 34er-Saison in Folge zu absolvieren, ich wäre vielleicht sogar daheim geblieben. Vielleicht.

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Zwischen Hoffnung und Hoffnungslosigkeit

Gut 3.100 Tapfere hatten den Weg nach Mainz gefunden und wider Erwarten war die Stimmung gut, ja beinahe siegesgewiss – wenn sich das doch nur auf die Spieler übertragen würde?! Der Ball rollte und es fühlte sich fast an wie zu besseren Zeiten, unheimlich lautstarker Support und eine große Beteiligung an der Unterstützung einer Mannschaft, die diesen Kredit bereits verspielt hat. Ob es in naher Zukunft „knallen“ wird, ist (un)gewiss. Zu lange wurde unsere Geduld überstrapaziert, man wird es schon bald wieder hören, das gefürchtete „Wir ham’ die Schnauze voll!“

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Die Statistik sprach nicht sonderlich für uns. Holten die Mainzer elf Punkte aus den letzten fünf Spielen, holten wir gerade einmal vier Punkte. Auf dem Feld sah das zunächst aber ganz anders aus. Sie hatten die Mainzer tatsächlich im Griff, erspielten sich bereits nach einigen Minuten ihre Möglichkeiten und scheiterten jeweils nur knapp. Doch was bedeuten gute Ansätze schon bei unserer Mannschaft, die so oft den Beweis schuldig geblieben war, dass sie am 23. Mai zurecht in der ersten Bundesliga geblieben ist?

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Man schien hoffnungsvoll um mich herum. Wirklich verstehen konnte ich das nicht, denn was gibt einem denn derzeit viel Anlass dazu? Optimisten leben länger, heißt es, doch das alleine kann ich für mich nicht als Lebensmotto erklären, dafür hat mich der VfB einfach schon zu oft enttäuscht. Dennoch musste ich anerkennend feststellen, dass die Defensive bisher stabiler war als zuletzt und dass die Gastgeber Probleme damit zu haben schienen.

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Ins Abseits gestellt

Damit gerechnet hatte ich nicht, dennoch konnte ich den lauten Jubelschrei nicht zurückhalten, wie alle von uns mitgereisten knapp 3.100 VfBlern, die wir nach etwas mehr als einer halben Stunde den Ball im Netz zappeln sahen. Yes! Jawoll! Wahnsinn! Oh… doch nicht. Die Flanke von Filip Kostic kam auf den Fuß von Timo Werner, der ihn nur noch hinhalten brauchte. Es wäre so schön gewesen – wäre er nicht gut einen Meter im Abseits gestanden. Mein ungutes Gefühl meldete sich wieder und flüsterte mir zu, es sei der einzige und letzte Torjubel in dieser Partie gewesen. Ich wiederhole mich mit Sicherheit, wenn ich sage: ich hasse es, wenn ich Recht habe.

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Sie hatten Blut geleckt! Es war die beste Phase des VfB, der den Eindruck der frischeren und agileren Mannschaft machte, angepeitscht vom bedingungslosen Support aus dem Block J in der Ecke des 34.000 Zuschauer fassenden Stadions, das 2011 den Mainzer Bruchweg ablöste. Immer wieder rollten sie an, in der Hoffnung, daraus Kapital schlagen zu können. Am Tag darauf ist es müßig zu sagen, welche Eigendynamik diese Partie hätte nehmen können, hätte Lukas Rupp, der schon gegen Bremen ein tolles Tor schoss, aus der zweiten Reihe nicht nur den Pfosten getroffen. Hätte, hätte, ihr wisst schon.

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Die Enge im Gästeblock war erdrückend, beinahe unablässig schoben sich die Massen an mir vorbei, ohne Rücksicht auf Verluste. Ich hatte aufgehört zu zählen, wie oft ich heftig angerempelt und/oder mit Bier oder Weinschorle beschüttet wurde. Ich sah in viele hoffnungsvolle Gesichter, die sich an mir vorbei drückten und tatsächlich gab der VfB noch keinen Anlass, Frust zu schieben. Noch nicht.

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Das Fußballspielen eingestellt

Bremen hätte uns allen eine Lehre sein müssen. Wer nach 45 Minuten das Fußballspielen einstellt, brauch sich nicht wundern, wenn er am Ende weniger Punkte hat, als er eingeplant hatte. „Schluss ist erst, wenn der Schiedsrichter pfeift“, oder wie ging der Spruch gleich nochmal? Während die Massen im Gästeblock noch in Bewegung waren, hatte die zweite Halbzeit bereits begonnen. Für den unsicheren Serey Dié kam Robbie Kruse, der nur mit ganz viel Wohlwollen als offensive Alternative eingestuft werden kann, dennoch hat er die Chance verdient. Anders als vergangene Woche hatte hier Jürgen Kramny wesentlich früher personell reagiert.

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Mehrmals hatte der VfB die Führung auf dem Fuß, vergab sie aber entweder knapp, unglücklich, fahrlässig oder einfach nur dämlich. Wie schnell so etwas bestraft wird, davon muss ich euch gewiss nichts mehr erzählen. Wäre nach 57 Minuten die Führung für die Gastgeber gefallen, vielleicht hätten wir uns auch dann nicht beschweren dürfen. Und ich lege mich fest: vor einigen Wochen noch hätte Przemyslaw Tyton diesen Ball wohl eher nicht gehalten. Der gehaltene Elfmeter gegen Ingolstadt machte den Polen zu dem Rückhalt, den wir von Anfang an gut hätten brauchen können.

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Noch stand sie gut, die Defensive, doch ließ es mich vermuten, dass die Mainzer nur auf den einen Fehler warteten, der entscheidend sein konnte. Ob der VfB dann noch einmal zurück gekommen wäre, bleibt mehr als fraglich. Die Kräfte schwanden und während wir zusehen mussten, wie das Spiel des VfB minütlich behäbiger, emotionsloser und auch lustloser wurde, so wollten wir ihnen das nicht gleich tun und gaben alles, was in unserer Macht stand. Vielleicht würde es ja doch noch fallen, das eine Tor, das uns zum Sieg reicht. Vielleicht erwarten wir aber auch nur einfach zu viel von einem inkompatiblen Haufen lustloser Kicker.

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Erinnerungen an magische Momente

Minute um Minute schritt es fort, viele Torannäherungen gab es für unseresgleichen nicht mehr, die wir wohlwollend beklatschen konnten, ganz im Gegenteil. Ein Hauch der Mainzer Führung lag in der Luft, der sich bis in die Schlussminuten nicht verflüchtigen wollte. Noch immer stand das 0:0 auf der Anzeigetafel. Für einen kurzen Moment dachte ich zurück an den 12. April 2009, als ich bei tollem Wetter die 500 Kilometer weite Anreise von Leipzig nach Stuttgart auf mich nahm, den 1:0-Siegtreffer in der letzten Minuten der Nachspielzeit bejubelte und somit ohne es zu wissen den Grundstein für die Dauerkarte legte – bis zum 9. Februar 2011 würde ich kein einziges Heimspiel mehr verpassen.

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Der Siegtreffer in der Nachspielzeit. Der komplette Gästeblock würde ausrasten, dessen war ich mir sicher. Hin- und hergerissen zwischen dem Willen, meine Spiegelreflexkamera in die Luft zu halten um diesen einzigartigen Moment festzuhalten und der Angst, sie damit einer weiteren Bierdusche auszusetzen, entschied ich mich fürs Hochhalten. Przemyslaw Tyton blieb in seiner Spielhälfte, als der letzte Freistoß für den VfB gepfiffen wurde, vor den Augen eines euphorischen Anhangs, der den Ball am Liebsten selbst ins Tor hineinschreien wollte. Atmen! Atmen! Ein kurzes Stoßgebet zum Fußballgott – bitte erhöre uns!

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Doch der Fußballgott erhörte uns nicht. Er streckte seinen Mittelfinger, sprach „Leckt mich!“ und lenkte den Freistoß von Emiliano Insua direkt in die Arme von Loris Karius. Es war vorbei. Felix Zwayer pfiff ab und erstickte all unsere Hoffnungen, hier doch noch einen unerwarteten Auswärtssieg mitnehmen zu können. Für einen Moment dachte ich, der Punkt sei in Ordnung – schließlich war es einer mehr, als ich persönlich eingeplant hatte. Doch wissen wir alle: es ist zu wenig.

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Gefühlt verloren

Das bekam auch die Mannschaft zu spüren in einem grotesken Mix zwischen aufmunterndem Klatschen von den Seitenblöcken und teilweise wüsten Pfiffen, wieder war es die beiden Gesten, die man häufiger sehen konnte, als alles andere: die drei hochgehaltenen Finger und die weit ausgebreiteten Arme, als wollte man sie fragen „Was soll das? Warum holt ihr hier keine drei Punkte?“ Wie nah wir hier dran waren, wie realistisch dieses Unterfangen war, wie viel gelassener wir hätten die anderen Partien am Wochenende beobachten können, wir werden es niemals erfahren.

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Nur mühsam leerte sich der Block über den einen Ausgang, auf der Treppe wurde gedrängelt, geschubst, gepöbelt – und ich mittendrin. Ein abermals gebrauchter Fußballtag war zu Ende, wenig rühmlich, dafür umso enttäuschender, wenn man sich die Ergebnisse der Konkurrenz anschaut. Die 3.100 VfBler verteilten sich rasch auf die vielen Busse und Autos auf dem mittlerweile voll gewordenen Gästeparkplatzes. Eine Apfelschorle für mich, eine Bratwurst für Felix, so begaben wir uns auf den Rückweg, wie könnte es auch anders sein, als eine der Letzten im Block.

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Es war still geworden in unseren Reihen. Wo noch vor der Partie laut gegröhlt und gegen den Ball getreten wurde, spürte ich den Frust, den dieses unbefriedigende Remis bei uns allen geschürt hat. Man wollte nicht wahr haben, dass man es erneut versäumte, drei bitter benötigte Punkte zu holen, wo sie doch heute so nah waren wie selten in den vergangenen Jahren hier in Mainz. Es hat nicht sollen sein. Ein weiteres Mal. Schon wieder schossen sie nicht mehr Tore als der Gegner und fahren nun mit einer weiteren gefühlten Niederlage nach Hause. Doch wer ärgert sich in Wahrheit mehr? Die überbezahlten Profis, die sich in ihrem klimatisierten Bus setzen? Oder nicht doch eher wir Fans?

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Der harte Boden der Tatsachen

Anders als alle anderen nahmen wir nicht den direkten Weg nach Hause, denn uns würde unser Heimweg zunächst einmal in den Odenwald führen, wo wir die Mutter unseres Fahrers einsammelten. Sehr viel gesprochen wurde nicht, man wusste auch nicht so recht, worüber. Vielleicht darüber, ob es am Ende noch zum Klassenerhalt reicht? Diese Gespräche kennen wir zu gut, doch kommen sie für gewöhnlich erst viel später in der Saison auf den Plan, wenn man tatsächlich feststellt, in welch misslicher Lage man sich befindet. Die Hinrunde ist noch nicht einmal vorbei, die Aussichten sind bereits jetzt mehr als bescheiden.

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Lange habe ich mich heute gequält mit diesen Zeilen, wo es mir doch vor allem beim Bericht zum Spiel gegen Augsburg so überraschend einfach gefallen war. Ich kann schon jetzt sagen, dass ich in den vergangenen Monaten sichtlich abgestumpft bin, die bitteren Niederlagen waren einfach zu viel, ohne wirkliche Hoffnungen, dass jemals Ruhe einkehrt und der kontinuierliche Erfolg an den Neckar zurück kehrt. Doch zu was für einem Fan macht mich das? Zu einem schlechteren, der ich aufgrund meines Pessimismusses für Viele ohnehin schon bin? Ziel ist nur eines: ein gelassenerer Fan zu werden, den die Niederlagen des Herzensvereins nicht (mehr) aus der Bahn werfen. Ein hehres Ziel.

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Ein Tag ist nun seit der Partie in Mainz vergangenen. Die Samstagsspiele der Bundesliga sind zu Ende und natürlich tat uns Hannover nicht den Gefallen, Hoffenheim auf Abstand zu halten. Hoffenheim siegte, zog damit erneut an uns vorbei und lässt uns wieder auf den Tabellenboden zurückfallen. Noch zwei Spiele bis zur Winterpause. Die Allerwenigsten von uns glauben tatsächlich, dass in zweiten Halbserie alles besser wird. Es wird nichts besser. Und das bereits seit vielen, vielen Jahren. Wir wollen mehr als immer wieder nur Schadensbegrenzung.

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