Das Wort “traumatisiert” trifft es vielleicht ganz gut. Anders könnte ich es mir ansonsten nicht erklären, warum ein Punktgewinn im achten ungeschlagenen Bundesligaspiel in Folge für mich persönlich ein bisschen zu wenig ist. Dass ich damit weitgehend alleine stehe, muss ich wohl oder übel in Kauf nehmen. Der Grund für das einzige finstere Gesicht im Gästeblock mag zwar nicht rational sein, doch er ist zumindest nachvollziehbar: je schneller wir ganz viele Punkte holen, desto früher können wir den Abstiegskampf zu den Akten legen. Nichts wünsche ich mir sehnlicher als das. Obwohl.. Nein. Es ist die Gelassenheit, die ich mir mehr wünschen würde. Fraglich nur, was in den nächsten Wochen und Monaten realistischer ist.
Wisst ihr, ich wollte in meinem Leben vieles sein, nur nicht gewöhnlich. Vor zehn Jahren hatte ich noch nicht gedacht, an einem verregneten Sonntagnachmittag in meiner Stuttgarter Wohnung zu sitzen, still vor mir hin grinsend, und nach Worten zu suchen, die ich für zahlreiche Leser und nicht zuletzt für mich selbst, niederschreiben. Mein ganzes Leben lang vertrete ich die Überzeugung, dass ein Leben ohne Begeisterung eine Verschwendung ist. Jene Begeisterung hat mich zuletzt sonntags hier sitzen lassen, Worte der Enttäuschung habe ich niedergeschrieben ohne nennenswerte Hoffnung, so bald wieder die schönen Seiten genießen zu dürfen. Doch wenn sie zurückkehren, fühlen sie sich um ein Vielfaches schöner an.
Eine halbe Ewigkeit lang starre ich das weiße Blatt vor mir an und versuche, mich zu überwinden. Was hatte ich mir nicht dieser Tage alles anhören müssen, ich sei verrückt geworden, zu glauben, dass nun alles schlecht sei. Ein bisschen erinnert es mich an den Saisonbeginn, als ich am zweiten Spieltag den Zeigefinger erhob und ahnte, die Niederlage in Hamburg würde ihre Spuren in den Köpfen der Spieler hinterlassen, und ich behielt Recht – was an dem heißen Augustwochenende ein Jeder als Hirngespinst abtat.
Vier Jahre, acht Monate, vier Wochen und zwei Tage. Die Statistik hatte ich mir genau angesehen, bevor wir uns auf den Weg nach Frankfurt machten. Viel Zeit ist vergangen, seit der VfB zuletzt vier Spiele in Folge gewinnen konnte, und ungeachtet meines sonst so trüben Pessimismusses war ich mir sicher. Was auch immer Jürgen Kramny in dieser Mannschaft bewegt hat, an welchen Stellschrauben er gedreht hat und welche Worte er gefunden hat, die Früchte seiner Arbeit zeigten sich schnell: aus einer Ansammlung einzelner Fußballer wurde ein Team. Leidenschaftlich. Kompromisslos. Effizient.

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