Die Angst stand mir deutlich ins Gesicht geschrieben, mein Herz raste und eiskalter Schweiß rannte mir den Rücken hinunter. Meine Knie schlotterten, mir war abwechselnd heiß und kalt. Vor meinem inneren Auge sah ich es schon, das späte Gegentor, die jubelnden Hamburger, die frustrierte Cannstatter Kurve. Wie nah das pure Glück und die bittere Verzweiflung beieinander liegen, zeigt oft nur ein einziger kleiner Moment. Gerade eben fürchtest du noch, dass dir das Rückgrat gebrochen wird, im nächsten Augenblick schreist du dir die Seele aus dem Leib, weißt nicht wo oben und unten, vorne und hinten ist, liegst mit Tränen in den Augen in den Armen deiner Mitmenschen und fragst dich, wie du nur für eine Sekunde daran zweifeln konntest.
Hier stand ich, röchelte, hustete, krächzte. Nur schwer bekam ich Luft, doch trug ich das Lachen in meinem Gesicht. Um mich herum nur freudige Gesichter, wohin ich auch sah, alle lagen sich in den Armen – damals wie heute. Erinnerungen wurden wach an den 20. Februar 2010, als ich genau hier stand im Gästeblock des Kölner Stadions, vom Husten geplagt, doch zufrieden aufgrund des Ergebnisses und der spielerischen Leistung. 2163 Tage später wiederholte sich die Geschichte, irgendwie gleich, doch irgendwie ganz anders.
Wann immer ich gefragt werde, was denn die positiven Dinge im Jahr 2015 waren, fallen mir stets ein paar Dinge ein. Viele amüsante Treffen mit Freunden, ein wunderbarer Sommerurlaub in Südtirol und am Gardasee und ein paar wichtige Entscheidungen. Was den VfB angeht, so geizte er nicht mit Frustration, es war ein Jahr zum vergessen. Und dennoch sorgte der VfB für den emotionalsten Augenblick des Jahres, als Daniel Ginczek in Paderborn das 2:1 schoss. Mein Blick zurück aufs Jahr 2015.
Wohin nur mit all diesen Emotionen? Darauf war ich absolut nicht vorbereitet. Was wir gestern im Neckarstadion zu sehen bekamen, entbehrt normalerweise jeglicher Logik, fassungslos standen wir ein weiteres Mal da, doch nicht vor entsetzen, sondern gar vor Freude. Wer hätte es denn ahnen können? Am Tag danach, den ich unfreiwillig ausgeschlafen begann, sollte man eigentlich meinen, diese Zeilen würden sich so einfach schreiben lassen wie noch nie in dieser Saison. Ein Trugschluss, wie ich gut zwei Stunden nach dem Aufstehen feststellen musste.

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