Was. Für. Ein. Jahr. Die emotionalen zwölf Monate des Jahres 2017 sind nun vorüber und bieten mir zwischen Weihnachtsvöllerei und Silvesterfeierei die Gelgenheit, zurückzublicken, auf dass was war, auf das was ist und auf das, was sein wird. Ohne jeden Zweifel war der emotionale Höhepunkt der 21. Mai, als sich der VfB nach einem denkwürdigen Aufstiegsfinale in die Bundesliga zurückkehrte. Für mich persönlich jedoch stand eine der wichtigsten und größten Entscheidungen der letzten Jahre an: nach sieben einhalb Jahren werde ich den Arbeitgeber wechseln und ab Januar direkt in Stuttgart arbeiten. Es war durchaus einiges los in diesem Jahr – aber nicht immer nur Gutes.

jahreszahl_2017

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JANUAR

2017_01_01_NeujahrWie die letzten Jahre zuvor, feierten wir auch 2017 den Start ins neue Jahr im Kreise der Familie, ganz entspannt bei leckerem Fondue und einer Auswahl von ansehnlichem Feuerwerk. Und als ich das Feuerzeug an eine der Raketen hielt und sie in den Backnanger Nachthimmel davonzischte, hatte ich nur einen Wunsch: gesund bleiben und im Mai eine unheimlich große Aufstiegsparty feiern können.

2017_01_29_StPauli-VfBGanze sechs Wochen Winterpause lagen hinter uns, als wir uns des Nachts auf den Weg nach Hamburg machten. Viele konnten es kaum abwarten, während ich über die freie Zeit natürlich durchaus dankbar war. Per ICE ging es quer durch die Republik ans berühmte Millerntor, bepackt mit den großen Kameras und der vagen Hoffnung, siegreich ins hoffentliche Aufstiegsjahr zu starten. Der VfB ließ uns zappeln und erst kurz vor dem Ende erlöste uns Carlos Mané mit einem späten Tor. Dass wir noch am selben Abend den Heimweg wieder antreten mussten, trübte die Freude allerdings kaum.
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FEBRUAR

2017_02_06_VfB-DuesseldorfViel hängen geblieben ist vom Heimspiel gegen die Fortuna nicht, bis auf die beiden Tore von Simon Terodde und Julian Green und ein Lied, das uns bis zum Ende der Saison nicht loslassen würde. Es war das erste Spiel, bei dem ich mich aktiv daran erinnern kann, dass die schönste aller Melodien in unseren Ohren erklang: „Wenn du mich fragst, wer Meister wird“ – der VfB war wieder Spitzenreiter und würde bis Saisonende lediglich zwei Mal kurz auf den zweiten Platz zurückfallen.
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2017_02_12_VfB-SandhausenLange hatte es gedauert, um eine interessante Erkenntnis aussprechen zu können. Bei dem einen oder anderen kam es bereits schon viel früher in der Spielzeit über die Lippen, bei mir erst zu Beginn des neuen Jahres: „Eigentlich ist die zweite Liga gar nicht so übel“. So saß ich an jenem Abend grinsend an meinem Rechner, bearbeitete die Bilder und schaute mir die Szene des Tages in Dauerschleife an. Simon Terodde, der beim Jubel über den späten Siegtreffer zur Eckfahne rennt, stürzt und diese im Fallen umnietet. Torjubel des Jahres, mindestens.
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2017_02_17_Heidenheim-VfBFast ein Jahr ist es mittlerweile nun schon her, da ich diese Zeilen schreibe. Aber bis heute habe ich kein bisschen von jenen Momenten vergessen, die wir in Heidenheim erlebt haben. Bei Eiseskälte machten sich ganze Heerscharen an VfB-Fans auf in Richtung Ostalb und stellten sich vermutlich die gleiche Frage, als Josip Brekalo aus einer aussichtlosen Position abzog. Kein Blatt Papier passte mehr zwischen Ball und Pfosten, eines der schönsten Tore der vergangenen Jahre. Und nicht nur das: eine nicht enden wollende Anreihung von Eckbällen für die Gastgeber befeuerte das Adrenalin in unseren Adern und kaum passte der Titel eines Berichts besser als an diesem Tag: „Schweig, mein dummes Herz!“
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2017_02_26_VfB-KaiserslauternHohe Wellen geschlagen hatte der fast schon vollkommen ungefährdete Heimsieg gegen die Pfälzer nicht, auch nicht die Tatsache, dass Simon Terodde selbst mit gebrochener Nase getroffen hatte und weiterspielte. Was viel eher im Gedächtnis bleiben sollte, waren die Ereignisse am Tag danach, oder vielmehr in der Nacht. Nachdem ich mich von meinem Stammtisch bis zum März verabschiedet hatte, geriet Kevin Großkreutz in Stuttgart in eine Schlägerei, schwer gezeichnet wurde sein Vertrag aufgelöst und es gab wohl keinen von uns, der nicht auch einen Kloß im Hals hatte, als er mit gebrochener Stimme vor die Pressevertreter trat und sich entschuldigte. Über die Ereignisse jener Nacht existieren bis heute nur Vermutungen. Was allerdings Fakt war, war die Tatsache, dass der VfB im kompletten März kein einziges Spiel gewinnen würde.
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MÄRZ

2017_03_06_Braunschweig-VfBEs gibt nur ganz, ganz wenige Fälle, in denen ein Unentschieden genug sein kann. Sei es aufgrund von Glück, dass man erst ganz spät am Ende einen dankbaren Punkt mitnehmen darf, oder weil es fast unvorstellbar ist, eine Partie nur einfach nicht verloren zu haben. Zu den letzteren Spielen gehörte auch der verregnete Abend in Braunschweig. Früh in Führung gegangen, aber mit einem unberechtigten Platzverweis und zwei Elfmetern bestraft, von denen Mitch Langerak nur einen halten konnte. Am Ende überwog der Stolz, sich nicht geschlagen gegeben zu haben. Wenn ich gewusst hätte, dass der VfB erst nach über vier Wochen wieder gewinnen würde, oder dass Carlos Mané in diesem Spiel sein bislang letztes Tor für den VfB gemacht hat, ich wäre mit meiner Freude wesentlich verhaltener gewesen.
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2017_03_10_VfB-BochumSehr viel frustrierender als die Tatsache, erneut nur Unentschieden gespielt zu haben, war die dargebotene Leistung beim Heimspiel gegen Bochum. In meinen Augen würde die wohl kaum reichen, um am Ende aufzusteigen, doch mein Fatalismus sei mir an dieser Stelle verziehen, schließlich sehnte ich nichts mehr herbei als den direkten Wiederaufstieg. Für Hannes Wolf hingegen schloss sich der Kreis, beim Hinspiel im September 2016 saß er zum ersten Mal auf der Trainerbank und musste sich damals wie heute mit einem 1:1 begnügen. Etwas mehr dürfte es dann aber schon sein.
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2017_03_18_Fuerth-VfBIch würde lügen, wenn ich behaupten würde, das Leben als Viel- und Allesfahrer wäre im Namen des Brustrings einfach. Es gibt Tage, an denen man sich wünscht, man wäre morgens im Bett geblieben. Vielleicht hätte ich nach dem Frühstück beim Fürther IKEA einfach dort bleiben sollen und meiner Lieblingsbeschäftigung nachgehen sollen (Schubladen mit „Soft Close“-Funktion auf und zumachen), statt mir drüben im Ronhof den Boden unter den Füßen wegziehen zu lassen. Ich wollte nur den Aufstieg, und bei den abgeschlagenen Fürthern verlor ausgerechnet der VfB. Die Erzählungen halten sich bis heute hartnäckig, von den Ordnungskräften hätte sich kein einziger getraut, mich lange Zeit nach Abpfiff zum Gehen zu bewegen.
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Es waren entweder die kalten Betonstufen des Gästeblocks oder auch eine unterbewusste Reaktion meines Körpers, das lässt sich so nicht mehr so genau sagen. Am Tag nach der Blamage in Fürth wachte ich mit Halsschmerzen auf, gefolgt vom Gedanken „Okay, eine normale Erkältung“. Doch es war keine Erkältung. Zwei Wochen lang fesselte mich eine Mandelentzündung über die Länderspielpause hinweg ans Bett und kostete mir letztlich sogar die Stimme. Über drei Wochen hinweg zog sich die Angina hin und war der erste richtige Vorbote eines inneren Abwehrmechanismus, der mich nach langen Zugeständnissen dazu zwang, aktiv zu werden.

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APRIL

2017_04_02_VfB-DresdenÜber eine Woche bekam ich keinen Laut heraus, wollte und konnte aber aufs Heimspiel gegen Dynamo Dresden nicht verzichten, schließlich waren meine Freunde aus Belgien zu Besuch und ich hatte Karten besorgt. Da stand ich nun in der Kurve, wie immer mit meiner Kamera, dick eingepackt mit einem gefühlt drei Meter langem Schal und einem Arsenal an Lutschbonbons. Und auch, wenn man es mir nicht geglaubt hat: ich habe an diesem Tag wirklich komplett geschwiegen und habe keinen einzigen Mucks herausgebracht. Auch dann nicht, als Simon Terodde aus einem 0:3 ein 3:3 machte.
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2017_04_05_Muenchen-VfBAls der VfB in der Hinrunde nach Kaiserslautern reiste und dabei knapp 15.000 Fans mitbrachte, ließ sich zunächst nur vage erahnen, welche Kräfte in Saison noch wortwörtlich mobilisiert werden würden. Unter der Woche reiste man nun mit gut 20.000 Leuten an. Der Tabellenzwölfte aus München haderte spürbar mit sich selbst und wusste zu diesem Zeitpunkt noch nicht, dass er in der Relegation an Regensburg scheitern würde und in die dritte Liga absteigt. Der VfB muss die „Sechzger“ doch überrollen, oder etwa nicht? Aber das kam in den Köpfen der Spieler nicht an. Eine Enttäuschung auf ganzer Linie, die auch dadurch nicht wirklich besser wurde, dass man das Spiel nur deswegen nicht verloren hat, weil kurz vor dem Ende aus abstruse Art und Weise Marcin Kaminski angeschossen wurde und den Ausgleich machte. Kannste dir nicht ausdenken, sowas.
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2017_04_09_VfB-KarlsruheÜber einen Monat hatte der VfB nun nicht mehr gewonnen. Nachdem ich bereits vor Wochen schon gemahnt hatte, es könne knapp werden mit dem Aufstieg, mehrten sich nun die schlimmsten Befürchtungen. Und das ausgerechnet vor dem vorentscheidenden Spiel gegen Karlsruhe. Lange hat man warten müssen auf das erste Heimderby und wurde in diesem Sinne auch nicht enttäuscht. Geile Stimmung, geiles Spiel, geile Tore, geiler Sieg. Was weniger geil war: die Leuchtraketen, die aus dem Gästeblock aufs Spielfeld und in die Nachbarblöcke geschossen wurden, die damit eine Spielunterbrechung provoziert hatten. Dass ausgerechnet Takuma Asano, der bereits beim Hinspiel das Führungstor schoss, in dieser Partie zum Doppelpacker wird, ist auch so ein Treppenwitz der Geschichte. In der darauffolgenden Bundesliga-Saison klappte es aber leider nicht, ihm Freiburg und Hoffenheim als Derby zu verkaufen. Schade eigentlich.
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2017_04_17_Bielefeld-VfBEs war ohne jeden Zweifel die absonderlichste Anfahrt zu einem Auswärtsspiel. Während nahezu alle unserer Freunde und Weggefährten auf dem direkten Weg nach Bielefeld mit ein paar Zentimetern Neuschnee zu kämpfen hatten, verbrachten wir das Wochenende in Leipzig bei meiner Familie, anlässlich des mütterlichen Geburtstags. Bei strahlendem Sonnenschein, vorbei an Braunschweig und Hannover, bis hin nach Ostwestfalen. Dass die richtig absurden Sachen erst am Abend passieren würden, war so auch nicht wirklich geplant. Die lange Bogenlampe von Alexandru Maxim und der Moment, in dem Simon Terodde – ich zitiere – seinen inneren Messi entdeckt, hallten noch lange nach. Der Siegtreffer in der Nachspielzeit. Unter Strom hing ich an den metallenen Gitterstäben am Rand des Gästeblocks und konnte es nicht fassen. Ich bin zu alt für diesen Scheiß. Da lachte der Fußballgott und dachte „Wart mal zwei Wochen ab“.
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2017_04_24_VfB-UnionBerlinNoch fünf Spiele waren übrig und der Druck auf dem VfB entsprechend groß. Meine Nerven lagen blank, als man den Aufstiegskonkurrenten aus Berlin im Neckarstadion empfing, eine enge Kiste würde es werden. Nicht wenige sprachen sogar von einer Vorentscheidung, deren Sieger mit den konkreten Planungen für die erste Liga beginnen kann. Lange spannten sie uns auf die Folter, eine halbe Stunde war vorüber, bis sich Alexandru Maxim den Ball zum Freistoß hinlegte. Seit dem Abstiegsspiel in Wolfsburg hatte es kein direktes Freistoßtor mehr gegeben, warum sollte das in einem solch wichtigen Spiel anders sein? Aber was sind schon normale Umstände beim VfB. Ich erinnere mich nur noch dunkel, wie der Ball trotz fünf Mann in der Mauer im Netz einschlug, zwei weitere Tore von Simon Terodde und Daniel Ginczek würden folgen. Wir waren auf bestem Wege und in jener Nacht schallte unser Aufstiegslied lauter als je zuvor.
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2017_04_29_Nuernberg-VfBJener Tag im April ist nun acht Monate und einen Tag her, nun sitze ich hier und erinnere mich. Ich brauchte ein paar Minuten, mich aufzuraffen, denn dieses Auswärtsspiel sollte in die Geschichte eingehen als eines der krassesten Erlebnisse der letzten Jahre und für die meisten unangefochtene Nummer eins der besten Spiele der Saison (für mich aufgrund des Derbysiegs in Karlsruhe nur Nummer zwei). Extremer hätte der Spielverlauf und unterschiedlicher unsere Emotionen nicht sein können. Mit zwei Toren im Rückstand, Anschluss per Elfmeter, ein halb irregulärer Ausgleich. Und dann kam Florian Klein. Während ich so manche Situation nicht mehr ganz im Kopf habe, erinnere mich an diese noch ganz genau. Ein langer Ball auf Daniel Ginczek, ein Pass zu Simon Terodde und vor dem Strafraum stand der scheidende Verteidiger vor dem Tore frei. Was folgte, war die absolute Eskalation und versorgt uns bis zum heutigen Tag mit Gänsehaut.
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MAI

2017_05_07_VfB-AueNichts und niemand schien uns jetzt noch aufhalten zu können. Auch das beschauliche Erzgebirge Aue nicht, das prädestiniert dafür war, dass der ehemalige VfBler Christian Tiffert ausgerechnet seinen ersten Treffer im Trikot der Veilchen gegen uns macht. Zwar fiel der erste Treffer schon relativ früh, aber ließen der zweite und dritte doch merklich länger auf sich warten. Was hängen blieb neben dem Aufstiegslied in Dauerschleife war eine Situation, die ganz unbemerkt vom Stadionpublikum in der Coaching Zone stattfand und erst durch Fernsehbilder zu Tage befördert wurde: als Alexandru Maxim nach 75 Minuten das dritte und entscheidende Tor machte, sah man Hannes Wolf für eine Sekunde breit lachen, bevor er die Lippen wieder zusammenpresste und seinem Kollegen Miguel Moreira um den Hals fiel. Zu spät, Hannes – wir haben es genau gesehen.
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2017_05_14_Hannover-VfBNur noch ein einziges Mal gewinnen und wir hätten es geschafft. Das wusste auch das Trainerteam und berief für das letzte Auswärtsspiel der Zweitligasaison jeden einzelnen Spieler (auch die Verletzten) in den Kader. Beim direkten Mitaufstiegskonkurrenten Hannover könnte sich alles entscheiden. Ein einziges Tor, und alle rennen zum Gästeblock, eine Ecke des Stadions war komplett voll mit angereisten Stuttgartern. Doch an diesem Nachmittag sollte uns ein weiterer Sieg nicht vergönnt sein. Der VfB verlor. Dass der ganze Aufstiegsplan nicht vollends ins Wanken geriet, hatten wir aber alleine den Bielefeldern zu verdanken, die den letzten ernsthaften Konkurrenten Braunschweig förmlich überrollten. Zum Feiern war mir dennoch nicht zumute, im Gegensatz zu vielen anderen. Fast so, als wollte man sich den Aufstieg aufsparen für einen ganz besonderen Tag, wenn keiner von uns erst hunderte von Kilometern nach Hause fahren muss. Rückwirkend betrachtet war es sogar besser so.
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2017_05_21_VfB-WuerzburgKürzlich verkaufte der VfB zum reduzierten Preis von nur fünf Euro den aufwändig gemachten Aufstiegsbildband von jenem wunderbaren Tag im Mai. Tränen sind geflossen und die Gänsehaut ist zurückgekehrt. Genauso habe ich ihn geträumt, den Tag des Aufstiegs, wenn alle Anstrengungen es am Ende wert gewesen sind. Noch heute erinnere ich mich gerne an das Frühschoppen mit Freunden, die euphorische Stimmung im Stadion, die Tore, den Platzsturm, die Meisterschale und an all die großen und kleinen Momente, die diesen Tag unvergesslich gemacht haben. Eine ganze Saison lang wollte ich nichts anderes als diesen Moment erleben und dann war er endlich da, der feierliche Wiederaufstieg. Für manch andere in meinem Bekanntenkreis nichts besonderes und lediglich die erwartbare Reparatur eines dämlichen Betriebsunfalls. Aber für mich waren da natürlich weit mehr Emotionen dabei.
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Die letzten Wochen und Monate unter Hochspannung hatten ihren Tribut gefordert. Als ob man den Stecker gezogen hätte, war ich in den Tagen nach dem Aufstieg mehr als erschöpft und brauchte erst mal ein paar Tage Pause. Doch die ruhige Entspannung wurde getrübt durch die ersten Transfergerüchte der Sommerpause. Simon Terodde liebäugelte offenbar mit einem Wechsel zu Borussia Mönchengladbach und schien den VfB schon verlassen zu haben, bevor nur irgendetwas vermeldet werden konnte. Ich saß an jenem Mittag mit meiner Familie bei Kaffee und Kuchen, als ich bereits mit seinem Wechsel rechnete und mir meine bessere Hälfte das Smartphone mit der geöffneten VfB-Webseite zeigte. Auf dem Bild war Simon Terodde zu sehen, an einem Tisch sitzend und ein Blatt Papier unterzeichnend: „Simon Terodde bleibt beim VfB“. Was solls, die Sektflasche war sowieso schon offen. Was wir alle noch nicht wussten: ein zähes halbes Jahr lag vor unserem Zweitligatorschützenkönig, an dessen Ende er dennoch wechseln würde.

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JUNI

2017_06_01_VfB-MVSo wunderbar und emotional die letzten Züge des Aufstiegs auch waren, wir alle wussten, dass uns spätestens die außerordentliche Mitgliederversammlung wieder erden würde. Der VfB hatte aufgerufen und versprach jedem, der ins Neckarstadion kommt, ein Trikot. Noch einmal wollte man versuchen, mit allen Mitteln die Ausgliederung durchzudrücken, bereits im Vorfeld lief eine groß angelegte und nüchtern betrachtet überaus erfolgreich vorangetriebene Kampagne „Ja zum Erfolg“. Doch schon als ich die Menschenmassen im Stadion sah, befürchtete ich das schlimmste, dass nämlich so mit Sicherheit die notwendige Mehrheit erreicht werden würde. Verhindern konnten wir das nicht, und auch dieses Mal wurden Wortmeldungen niedergepfiffen und die Aussprache per Abstimmung beendet. An diesem Tag trugen wir unsere Vereinsdemokratie zu Grabe, für Investoren sind nun Tür und Tor geöffnet. Ein halbes Jahr später steckt der VfB wieder mitten im Abstiegskampf – da haben sich die Mühen für den Erfolg offenbar richtig gelohnt.

Viel vermag der Juni wahrlich nicht zu bieten. Es ist die Zeit der Entspannung, Zeit des Luftholens zwischen zwei Saisons und Zeit des Krafttankens für neue Unternehmungen. Alle Jahre wieder ist meine Familie über meinen Geburtstag zu Besuch, viel gutes Essen, viel Spaß, viele Fotos. Noch immer war ich mit dem Kopf beim Fußball und als ich mit lieb gewonnenen Freunden meinen Geburtstag in einer Kneipe feierte, sagte eine Freundin zu uns allen: „Wir werden uns noch wehmütig an diese Wochen zurückerinnern“. Und sie sollte Recht behalten. Bis die neue Saison begann, spürte ich in meinem Bekanntenkreis immer mehr etwas, das ich später „Bundesligaverdrossenheit“ nennen würde. Die Ausgliederung hatte viele dazu veranlasst, ihre Mitgliedschaften zu beenden, manche haben dem VfB gleich ganz den Rücken gekehrt. Und wir? Vorfreude auf eine neue Spielzeit mit den gleichen Gegnern und Stadien wie seit vielen Jahren sieht definitiv anders aus.

2017_06_27_MaximAls der VfB vor zwei Jahren am letzten Spieltag ums Überleben kämpfte und sich gerade so in allerhöchster Not in Paderborn retten konnte, kam Alexandru Maxim lange Zeit nach Abpfiff noch einmal aus den Kabinen heraus zum Gästeblock und machte das berühmte Klassenerhaltsselfie. In jenem Moment ahnte ich, dass er gehen würde. Doch er blieb, ein Jahr, und auch ein zweites Jahr. Über Wochen hinweg hatte er im Gegensatz zu den Jahren zuvor konstant gute Leistungen gezeigt, sein Verbleib galt dennoch als unwahrscheinlich. Ende Juni war der Tag dann gekommen, an dem ich die Nachricht auf der VfB-Webseite gelesen hatte: „Alexandru Maxim verlässt den VfB“. Wenig überraschend, aber dennoch bitter schade, denn ich mochte den kleinen Rumänen bekanntermaßen sehr.

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JULI

Dass es wichtigere Dinge gibt als den Fußball, wurde mir besonders im Juli bewusst, denn dies war ein ganz entscheidender Wendepunkt in diesem Jahr. Fast sieben Jahre stand ich in Diensten meines Arbeitgebers, mit dem mich stets mehr verband als das klassische Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Verhältnis, eine Freundschaft entstand, doch die machte es nicht leichter – im Gegenteil. Ich entschied mich, mich umzusehen und verschickte Mitte des Monates ein paar Bewerbungen. Die Resonanz war beeindruckend, schon am ersten Tag danach hatte ich vier Einladungen zu Vorstellungsgesprächen. Auch von einer fast schon unscheinbaren Agentur nahe der Stuttgarter Staatsgalerie.

Vier Vorstellungsgespräche gleich in einer Woche. Gar nicht so einfach, wenn man nebenher noch einer Vollzeitarbeit nachgehen muss. Nach den ersten drei Gesprächen war ich bereits so ausgelaugt, dass ich das vierte beinahe absagen wollte. Zum Glück tat ich es nicht, wie die Zukunft noch zeigen sollte. Es ist eine Weile her, dass ich zu Vorstellungsgesprächen gehen musste, das letzte Mal vor über sieben Jahren, als es mich von Leipzig ins Ländle zog. Für mich begannen nun die Wochen des Abwägens und vor allem Wartens.

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AUGUST

Von meinen Plänen, eine neue Herausforderung anzunehmen, wussten die Kollegen noch nichts. Für uns ging der Alltag erst einmal ganz normal weiter, es war ein Freitag und wir saßen bei einem Meeting beisammen, das zwei Stunden andauern sollte. Direkt danach machte ich mir etwas zu essen und checkte meine Mails, wo mir eine gleich ins Auge sprang: im Betreff war zu lesen „VfB beendet Zusammenarbeit mit Jan Schindelmeiser“, ich hielt das für einen Scherz – bis zu dem Moment, als ich andere Kanäle und die VfB-Webseite prüfte und es kein Scherz war. Aus dem Nichts heraus traf uns alle diese Nachricht wie der Schlag. Bis heute gibt es keine klaren Aussagen darüber, warum man den überall so beliebten Sportvorstand so abrupt entlassen musste. Die Ausgliederung hat man mit ihm als Zugpferd noch durchgezogen, um notwendige Sympathien für die Pläne des Vereins zu ergattern, nun ließ man ihn fallen und holte dafür den wenig beliebten und in der Öffentlichkeit mehr als ungeschickten Michael Reschke. Viele von uns trauern Jan Schindelmeiser noch heute hinterher, nicht ganz ohne Grund.

2017_08_13_Cottbus-VfBViele konnten es kaum abwarten, bis es endlich wieder losgehen sollte, meinetwegen hätte die Sommerpause aber auch gerne noch ein paar Wochen länger sein dürfen. Als zurückgekehrter Bundesligist war es ein Privileg, die erste Pokalrunde bereits eine Woche vor Ligabeginn austragen zu dürfen, mit Energie Cottbus erwischten wir dabei zwar kein Wunschlos, aber es hätte uns schlechter treffen können. Im Grunde eine klare Angelegenheit, Aufsteiger gegen Regionalligist, oder? Nicht ganz, dachten sich die Cottbuser und führten mit 2:0 vor eigener Kulisse. Was zum Teufel…? Dass man durch ein Traumtor von Josip Brekalo und ein Eigentor sogar noch in die Verlängerung kam, war alleine schon unfassbar, dass man jedoch zwei Fehlschüsse des Gegners im Elfmeterschießen brauchte, um weiterzukommen, überschritt bereits die Grenze zur Blamage. Ich erinnere mich noch, was die Cottbuser gesungen hatten: „Erste Liga, keiner weiß warum“ – was mich damals erzürnte, konnte ich ein knappes halbes Jahr später durchaus nachvollziehen.
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2017_08_19_Berlin-VfBIch kannte dieses Gefühl bislang nicht, aber schon beim ersten Saisonspiel in der Bundesliga war es mir in den Reihen des Olympiastadions aufgefallen. Viel zu melden hatte der VfB eigentlich nie, wenn er nach Berlin reisen musste und nachdem man mit Verletzungen und teilweise noch nicht ausgefüllten Positionen zu kämpfen hatte, wunderte mich auch die Niederlage nicht wirklich. Zwei selten dämliche Tore, kaum Gegenwehr, doch was mich wirklich beschäftigte, war die Stimmung im Gästeblock. Es mag daran gelegen haben, dass ich der Fotos wegen etwas weiter oben stand, statt unten in den ersten Reihen, aber viel Lust schienen die meisten auf diese Partie nicht zu haben. Die allermeisten von uns waren bereits mehr als einmal hier, es ist nichts neues mehr. Auch für Felix nicht, der es vorzog, an diesem Auswärtsspiel nicht teilnehmen zu wollen und lieber zuhause zu bleiben. Dabei war es nur der Beginn einer nie dagewesenen Auswärtsseuche.
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Zu den weit positiveren Dingen des Saisonstarts war der Auftakt zur VfB-Saisonspende, ins Leben gerufen von meinem Twitter-Kumpel Thomas, inspiriert von einer jungen Dame auf Twitter. Zahlreiche Leute beteiligten sich, der VfB selbst und Thomas Hitzlsperger folgten. Ein jeder gab ein oder mehrere Szenarien aus, nannte einen Betrag dazu und suchte sich den Empfänger der Spende selbst heraus. Auch ich machte mit (unter meinem Twitternamen Aleksch1893): unter anderem 1 € pro Tor, 5 € pro Heimsieg und 50 €, wenn Hannes Wolf bis Saisonende noch Trainer ist. Im Dezember sind alleine bei mir schon 84 € zusammengekommen, insgesamt steht man mit allen Spenden bei über 8.000 €. Wer in der Rückrunde gerne noch mitmachen möchte, kann sich gerne bei mir melden, ich kann auch für Nicht-Twitterer vermitteln.
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2017_08_26_VfB-MainzEs gibt Geschichten, die kannst du dir nicht besser ausdenken. Was hatte ich jahrelang nicht Mitleid mit Holger Badstuber, immer wieder schwer verletzt, und immer wieder kam er wieder auf die lädierten Beine. Es kam einer Notlösung gleich, als man ihn im Sommer noch schnell zum VfB lotste, obwohl sich beide Seiten etwas Besseres erhofft hatten. Ein einziges Tor im Jahre 2009 hatte er gemacht, einst im Trikot der Bayern gegen Gladbach, nun hatte er hier in Stuttgart sein erstes Heimspiel im Brustring seit seiner Jugendzeit. Dass ausgerechnet er das Tor bei seinem Comeback machte, dass es ausgerechnet vor der Cannstatter Kurve war, dass er ausgerechnet nahezu direkt vor mir jubelte, dass es ausgerechnet das erste und einzige Tor des Spiels war. Geschichten gibt’s, die gibt’s gar nicht.
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2017_08_30_Urlaub_AllgaeuAuf ein gemeines Urlaubsziel in der Sommerpause konnten wir uns zwar nicht einigen, aber von langer Hand geplant war der 70. Geburtstag meines Schwiegervaters. Als Überraschung fuhr die komplette Familie für ein paar Tage ins Allgäu und so war ich unterwegs mit Schwiegereltern, Schwager, Schwägerin, Nichte und natürlich meiner besseren Hälfte. Fußballfreie Zeit kann so unheimlich entspannend, beruhigend und bereichernd sein. Da taten auch die drei von vier Tagen Regen keinen Abbruch.

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SEPTEMBER

Von einer weiteren 34er-Saison musste ich mich bereits verabschieden, bevor die Spielzeit begonnen hatte. War der Spielplan noch gnädig mit uns und gestattete mir den entspannten Familienurlaub, ohne auf das erste Heimspiel verzichten zu müssen, so durchkreuzte er unsere Auswärtspläne in der Woche darauf. Die Geburtstagsfeier meines Schwiegervaters mit allen Freunden und Verwandten hatte Vorrang, auch wenn es für mich kein leichter Gang war, so entschied ich mich bewusst und aus voller Überzeugung. Das Spiel in Gelsenkirchen verfolgten wir via Sky, freuten uns über das erste Tor von Chadrac Akolo und ärgerten uns über eine weitere Auswärtsniederlage, die einen wunderbaren Tag aber nicht mehr kaputt machen konnte. Eigentlich sollte es ja immer so sein.

2017_09_16_VfB-WolfsburgDenkt man an das Heimspiel gegen Wolfsburg, so denkt man im Grunde nur an eines: die schwere Gesichtsverletzung von Christian Gentner. Dass der VfB das Heimspiel mit 1:0 gewann, wurde zur Nebensache, man dachte nur noch an unseren Kapitän. Ein bedauerlicher Unfall, bei dem Koen Casteels mit dem Knie voraus zum Ball sprang und dabei das Gesicht von Christian Gentner erwischte, der wie ein nasser Sack zu Boden ging und nach Luft rang. Noch heute jagt es mir einen eiskalten Schauer den Rücken hinunter, wenn ich daran denke, wie still es in der Kurve wurde, dicht gefolgt von lauten Pfiffen, da der Unparteiische das Spiel nicht einmal unterbrochen hatte. Noch in der Hinrunde würde der Kapitän zurückkehren und fortan mit Gesichtsmaske spielen, als wäre er nie weg gewesen. Man kann von ihm halten, was man will, aber das Herz trägt er am rechten Fleck.
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2017_09_19_Gladbach-VfBWann immer ich an Mönchengladbach denke, denke ich an Roel Browers Eigentor und die darauffolgende Reaktion im Gästeblock. Dass wir davor und danach nicht wirklich viel zu lachen hatten, blende ich bei der Vielzahl von bitteren Enttäuschungen in den letzten Jahren ganz gerne mal aus. Dass die Borussia auf ihrer Anzeigetafel kundtat, der VfB hätte bei keinem anderen Gegner so viele Auswärtssiege gefeiert wie in Gladbach, ist bei der Mannschaft allerdings nicht angekommen. Bislang verliefen alle Auswärtsspiele nach dem selben Schema, dass man nämlich gegen einen nicht wesentlich besseren Gegner einfach nicht punkten kann. Dass sich daran bis Ende der Hinrunde nichts ändern sollte, haben wir natürlich nicht wissen können.
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Endlich war es soweit: nach einem Zweitgespräch bei meinem zukünftigen Arbeitgeber machte ich mich Ende September ein drittes Mal auf den Weg nach Stuttgart-Ost, zwischen Kernerplatz und Eugensplatz steht ein charmanter Altbau mit toller Sicht über den Kessel. Tolle Atmosphäre und die wohl wichtigste Unterschrift des Jahres, die Unterschrift unter meinen neuen Arbeitsvertrag. Am achten Januar werde ich die neue Herausforderung antreten und freue mich unheimlich darauf. Dass neben einem lachenden Auge auch ein weinendes Auge dabei ist, lässt sich nach über sieben Jahren nicht vermeiden.

2017_09_23_VfB-AugsburgIch hätte es mir schönreden können. Immernoch ungeschlagen im Heimspieljahr 2017, bisher kein Gegentor zuhause und immerhin ein Punkt gegen überraschend starke Augsburger, die als Tabellenzehnter angereist waren. Freuen konnte ich mich dennoch nicht, denn die Krux an der ganzen Sache ist bekanntlich immer die selbe: jeder Punkt, den man liegen lässt, wird am Ende der Saison früher oder später richtig weh tun. Und dass es um nichts anderes als den Klassenerhalt gehen wird, dafür brauch man nun wahrhaftig kein Prophet zu sein.
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2017_09_30_Frankfurt-VfBIrgendwie habe ich geahnt, dass Simon Terodde in Frankfurt sein erstes Bundesligator machen würde. Aber ich war nicht darauf vorbereitet, was uns in der Nachspielzeit den Boden unter den Füßen wegziehen würde. Bis heute habe ich nicht verstanden, wie das gehen konnte, und bis heute bin ich mir sicher, die Hinrunde wäre bislang etwas anders verlaufen, wenn wir dieses Spiel gewonnen hätten. Unvorstellbar, wie man das verlieren konnte – in Überzahl und am Ende durch einen Rückfallzieher, dem Tor des Monats September. Eine Ewigkeit stand ich fassungslos da und starrte ins Nichts hinaus, ohne begreifen zu können, warum das passiert ist. Von diesem Moment dachte ich, uns könnte in dieser Saison nichts schlimmeres mehr passieren. Doch auch da hatte ich mich getäuscht.
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OKTOBER

2017_10_09_Urlaub_SyltIch liebe Sommerpausen. Und Winterpausen. Und Länderspielpausen. Letztere war uns auch Anfang Oktober vergönnt, prompt nutzten wir diese und buchten uns zwei Wochen im Voraus eine kurze Auszeit auf Sylt. Kostengünstig mit dem ICE Richtung Nordsee, es waren vier wunderbare entspannende und vor allem windige Tage. Unser Quartier bezogen wir am Strand von Westerland und schauten uns die Insel von Nord nach Süd und von West nach Ost an, am Ende unseres Kurzurlaubs standen nicht nur tausende Bilder, zerzauste Frisuren und Sand im Schuh, sondern auch eine Erkältung bei mir. Was harmlos begann, sollte sich wenige Wochen später zur Bronchitis auswachsen.

2017_10_13_VfB-KoelnAlle Jahre wieder gehört das Heimspiel gegen Köln zu den unliebsamen Angelegenheiten der Saison. Nicht ein einziges Mal, seit ich mein Herz an den VfB verloren hatte, war es dem Verein gelungen, gegen den FC zu gewinnen. Warum sollte das auch ausgerechnet dieses Mal anders sein? Und dann kam es doch anders, als wir alle für möglich hielten. Noch heute sehe ich es vor mir, wie die Gäste aus der Domstadt beim Stand von 1:1 in der 90. Minute einen Elfmeter zugesprochen bekamen. Es musste ja so kommen. Der Videoschiedsrichter schaltete sich ein, ließ die Szene prüfen, es gab doch keinen Strafstoß. Das alles war beinahe schon zu viel für unsere Nerven. Dass sich Chadrac Akolo doch noch einmal zum Strafraum durchtankt, hatte niemand so recht auf dem Schirm – und erst recht nicht das, was folgen würde.
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2017_10_21_Leipzig-VfBEs fühlte sich so merkwürdig an. Hier stand ich nun, in meiner Heimatstadt, und schaute mich um in einem Stadion, dass ich von Kindestagen an kenne, schaute zu den Heimblöcken, in denen viele meiner damaligen Freunde, Kollegen, Mitschüler und Weggefährten saßen oder standen. Ein befremdliches Gefühl, wurde ich doch stets immer nur belächelt für mein Interesse am Fußball. Die Rückkehr in die Heimat wurde nicht nur zum seltsamsten aller Auswärtsspiele, auch die Partie reihte sich nahtlos ein in die nicht enden wollende Serie von Partien, die man nicht unbedingt hätte verlieren müssen. Wir konnten nur schreien, singen und so laut sein wie wir nur konnten – am Ende waren es dann doch wieder die anderen, die jubeln durften. Jene, die mir damals sagten, ich sei wohl nicht ganz dicht, als Frau zum Fußball zu gehen. Und wenn ich kein VfB-Fan geworden wäre, ja, dann… Dann hätte ich an diesem Oktoberabend etwas zu feiern gehabt.
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2017_10_25_Kaiserslautern-VfBSo bescheiden die Auswärtsspiele in der Bundesliga liefen, zumindest im DFB-Pokal war noch nicht Hopfen und Malz verloren. Eine willkommene Abwechslung im Bundesliga-Alltag, und so machten wir uns des Mittags auf in Richtung Betzenberg. Als wir das letzte Mal hier angetreten waren, gewann man zu Beginn der Zweitligasaison mit 1:0, mittlerweile ist Kaiserslautern das Schlusslicht der zweiten Liga. Ich hatte es mir irgendwie anders vorgestellt, das musste ich schon früh zugeben, als die Gastgeber in Führung gegangen waren. Am Ende wurde es eine deutliche Angelegenheit, ein am Ende ungefährdeter Sieg, der Selbstvertrauen für die weiteren Bundesligaspiele geben sollte.
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2017_10_29_VfB-FreiburgNoch wichtiger als das Baden-Württemberg-Duell (merke: kein Derby!) war der Besuch meiner belgischen Freunde Stéphane und Maxyne aus Tournai nahe der französischen Grenze. War ihr dritter Besuch nach den Heimspielen gegen 1860 München und Dynamo Dresden, und wieder verbrachten wir natürlich Zeit miteinander. Bei unserem ersten Treffen vor über einem Jahr konnte man die Entwicklung von Benjamin Pavard (deren Grund, nach Stuttgart zu kommen) noch nicht so ganz absehen, mittlerweile einer unserer hoffnungsvollsten Spieler, die uns trotz neuerlicher Vertragsverlängerung nicht lange erhalten bleiben werden. An diesem Sonntagnachmittag wollte es das Schicksal aber so, dass er sein zweites Tor im Brustringtrikot direkt vor den Augen meiner Freunde macht, war das zweite von drei Toren. Man hatte ein fast schon leichtes Spiel gegen dezimierte Freiburger, doch für mich war die Hauptsache, meine Freunde wiederzusehen.
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NOVEMBER

2017_11_04_Hamburg-VfBFür mich ist das Glas im Grunde stets halb leer, aber auch für mich gibt es sie, diese Spiele, bei denen man nicht ganz so pessimistisch ist, wie bei so vielen anderen. Die Chance für den ersten Auswärtssieg war wohl nirgends so hoch wie in Hamburg. Felix wollte zuhause bleiben, aber ich wollte den ersten Sieg in der Ferne auf keinem Fall versäumen. Dass uns in dieser Saison offenbar nur wenig vergönnt ist, bewies nach einer rekordverdächtigen Anfahrt in unter sechs Stunden die frühe gelb-rote Karte für Dzenis Burnic. Dem Druck der Hanseaten hatte man in der zweiten Halbzeit trotz Ausgleichs nicht mehr viel entgegenzusetzen, klappte ein und verlor am Ende deutlich. Dass uns selbst Hamburger auf unserem Heimweg Trost spenden wollten, ließ schon tief blicken. Mitleid vom HSV? Wie tief sind wir denn gesunken?
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2017_11_17_VfB-DortmundDer Frust saß noch tief und die Lust auf die erste Heimniederlage 2017 hielt sich in Grenzen. Als ich mich am Freitagnachmittag von Renningen aus auf den Weg zum Stadion machte, hatte ich nicht die geringste Motivation für das Spiel, trotz der schlechten Phase, die der BVB derzeit durchmachte. Wir würden verlieren, da war nicht nur ich mir absolut sicher. Aber an manchen Tagen passieren eben immernoch Wunder. Ein kapitaler Aussetzer von Roman Bürki und Marc Bartra ebnete mit einem Kacktor allerhöchster Güte den Weg zu einer euphorischen Partie, Josip Brekalo ließ uns nach einem fast schon versauten Solo noch einmal jubeln und mit den Abpfiff kannte die Freude keine Grenzen mehr. Das müssen diese unerwarteten Siege sein, die du nicht einplanen kannst, die dir letztlich aber ein wenig Druck nehmen können. Man konnte nur hoffen, dass der VfB daraus Rückenwind entwickeln würde. Aber hey, wir reden ja immernoch von unserem Kläpperlesverein.
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Eine Entscheidung, die mir beinahe das Herz gebrochen hat. Zuerst mangelte es an einer Mitfahrgelegenheit, dann mangelte es an Zeit und schließlich an der notwendigen körperlichen Fitness für die weite Fahrt nach Hannover. Im Büro waren die letzten entscheidenden Wochen der finalen Übergaben und Projektabschlüsse angebrochen und aus der Erkältung, die ich von Sylt mitgebracht hatte, war eine Bronchitis geworden, die mich nicht nur lange begleitet hat, sondern die auch mehrere Packungen Antibiotika erforderlich machte. Es hat fast schon etwas Ironisches, dass der VfB nach so vielen Auswärtsniederlagen in dieser Hinrunde seinen ersten und bislang einzigen Auswärtspunkt ausgerechnet ohne mich in Niedersachsen geholt hatte. Noch härter, als der Umstand, nicht vor Ort gewesen zu sein, war allerdings, dass auch kein Fotograf vor Ort war und sich auch kein VfB-Fan bereit erklärt hatte, vor Ort ein wenig auszuhelfen – das enttäuschte mich sehr viel mehr, als dem Spiel nicht beiwohnen zu können.

2017_11_21_VfB-KabinenfestWie schon im Jahr davor hatten Felix und ich die Ehre und das Privileg, auf Einladung der Mercedes-Benz Bank beim Kabinenfest des VfB reinschauen zu dürfen. Dick bepackt mit der kompletten Kameraausrüstung und jeder Menge Vorfreude auf einen schönen, aber auch arbeitsreichen Abend, machten wir uns aus verschiedenen Richtungen auf zum Stadion. Dass es weit weniger entspannt sein würde als letztes Jahr, da man die doppelte Menge an Fans eingeladen hatte, wussten wir da noch nicht. Und ich wusste nicht, dass ich hier mein letztes Foto mit Simon Terodde holen würde.

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DEZEMBER

2017_12_02_Bremen-VfBEine Woche war seit dem Auswärtsspiel in Hannover vergangen und man musste erneut ausrücken zu einer weiten Auswärtsfahrt. Der Spielplan der Bundesliga-Saison 2017/2018 hatte es wahrlich nicht gut gemeint mit den tapferen VfB-Fans: nachdem bereits nur eine Woche zwischen dem Pokalspiel in Cottbus und dem Liga-Auftakt in Berlin lag, haben wir bereits fast alle weiten Spiele der Saison schon hinter uns, lediglich Wolfsburg ist für die Rückrunde noch übrig. Erneut machte ich mich alleine auf den Weg, dieses Mal mit dem Fanprojekt Stuttgart und ein paar Mitfahrern, die so ziemlich jedes Klischee eines typischen VfBaway-Klientels erfüllt hatten. Dass der VfB auf dämlichste Art und Weise auch dieses Spiel verlieren musste, das musste schon beinahe so kommen. Nicht, dass es uns nach der bisherigen Hinrunde groß gewundert hätte.
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2017_12_08_VfB-LeverkusenWährend der VfB auswärts weiterhin nichts gebacken bekam, so klammerte man sich zumindest noch mit aller Macht an die Heimserie – bislang hatte man vor heimischer Kulisse in diesem Kalenderjahr noch nicht einmal das Spielfeld als Verlierer verlassen, das nährte zumindest ein wenig die Hoffnungen, nicht gänzlich chancenlos zu sein. Tief in einem drin sah das allerdings schon anders aus, dafür war die Werkself aus Leverkusen einfach zu gut und wir defensiv zu instabil und vor allem offensiv viel zu schwach. Beinahe schon heimlich, still und leise riss die wunderbare Heimserie, das einzige, was mir bislang in dieser Hinrunde Hoffnung zu schenken vermochte. Und das ganz ohne Stefan Kießling.
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2017_12_13_Hoffenheim-VfBNur noch ein einziges Auswärtsspiel in der Bundesliga und wir würden uns von dieser grässlichen Seuche erst einmal erholen können. Nichts war uns vergönnt gewesen und von allen dämlichen, peinlichen, selbstverschuldeten und fremdverschuldeten Niederlagen hatten wir nun wahrlich einige erleben müssen. Was sehnten wir uns nicht nach einem Glücksgriff, der uns auch mal unverdiente drei Punkte beschert. Lange Zeit lief es auch unter der Woche vor den Augen tausender VfB-Fans auf ein 0:0 hinaus, und um die werten Kollegen vom Vertikalpass zu zitieren: „Stellt sich nur die Frage, wann Hoffenheim ein Tor schießt“. Die Antwort folgte zehn Minuten vor Abpfiff, gefolgt von einem Pfeifkonzert. Nur noch beim Pokalspiel in Mainz würde man sich auswärts ein Erfolgserlebnis holen können, dass selbst das nicht klappen würde, konnte mich nach allem Erlebten aber auch nicht mehr sonderlich schocken.
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Auf ein Fußballspiel habe ich mich schon lange nicht mehr richtig freuen können, fürmich sind es zwangsweise andere Termine, denen ich mit Vorfreude entgegen blicken. Mein letzter Arbeitstag beim alten Arbeitgeber war einer davon, am 15. Dezember packte ich meine allerletzten Sachen zusammen, wickelte meine VfB-Kaffeetasse in Zeitungspapier, machte ein letztes Mal alle Lampen und den Drucker aus und zog ein letztes Mal die Tür hinter mir zu und schloss ab. Kein Wehklagen, keine Tränen, kein Schwermut – nichts anderes als Vorfreude. Nach sieben einhalb Jahren war es geschafft.

2017_12_16_VfB-BayernViele Optionen beim Heimspiel gegen die Bayern gibt es nie. Entweder man wird überrollt und verliert haushoch, oder man hält so lange gut mit und wird am kurzen Arm gehalten, bis man am Ende das Gegentor auf denkbar bitterste Weise bekommt und dann doch knapp verliert. Beides ist dem VfB schon passiert, beides war auch erneut denkbar zum Hinrundenabschluss der Bundesliga. Für die Tordifferenz wäre es nicht gut gewesen, für die Emotionen aber schon. Das Spiel, das man verliert, ohne je Hoffnungen gehabt zu haben, vermag bisweilen weit weniger wehzutun. Wie es letztlich kam, war an Schmerz nicht zu überbieten. Dabei dachte ich schon an Schicksal, als uns in der Nachspielzeit ein Elfmeter zugesprochen wurde, es konnte nicht anders sein als Schicksal, dass wir hier mit einem 1:1 rausgehen. Aber nicht einmal das war uns vergönnt. „Bitter“ ist ja noch nicht einmal annähernd die richtige Beschreibung.
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2017_12_19_Mainz-VfBDie bittere Niederlage gegen die Bayern hatte mir für dieses Jahr schon vollends ausgereicht. Ich war des Fußballs überdrüssig und mein Bedarf an weiteren Niederlagen war gedeckt. Nicht wenige haben gesagt, solange man sich von den Bayern nicht abschlachten lässt und im Pokal in Mainz eine Runde weiterkommt, war es eine einigermaßen versöhnliche Hinrunde. Diesen Plan haben wir nur leider ohne die Mannschaft gemacht, die alles vermissen ließ, womit man ein Spiel gewinnen kann. Und als wäre das nicht schon genug gewesen, sorgte ein vergebener Elfmeter für die Vorentscheidung. Warum sollte der VfB auch mal aus einer guten Situation das Bestmögliche rausholen? Wenn Dennis Aogo das 2:0 macht, verlieren wir das Pokalspiel nicht. Und so endete das Pokalspiel genau so, wie die komplette Hinrunde auswärts gelaufen war: mit Pleiten, Pech und Pannen.
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2017_12_20_TeroddeEin Tag war seit dem Pokal-Aus vergangen und man hatte nun endlich Ruhe vom Fußball, konnte entspannen und die letzten Vorbereitungen für das Weihnachtsfest treffen. Denkste. Vor drei Wochen ließ Simon Teroddes Berater noch vehement verlauten, er würde beim VfB bleiben und damit „basta“, nun wollte man davon nichts mehr wissen. So schnell wie die neuerlichen Gerüchte aufgekommen waren, so schnell wurde auch schon Vollzug vermeldet. Simon Terodde wechselt mit sofortiger Wirkung nach Köln. Das alleine wäre schon bitter genug, der wirkliche Brüller ist aber, der VfB sehe den FC nicht als direkten Konkurrenten. Neun Punkte liegen zwischen unseren beiden Vereinen, wenn man sich da mal nicht gründlich verkalkuliert. Wie war das damals noch mit „Den Druck haben die Anderen“? Es mangelte mir vollends an Verständnis. Warum streicht Simon Terodde nach einem halben Jahr die Segel? Warum traut er sich nicht zu, sich durchzubeißen? Warum liebäugelt er schon vor Beginn der Saison mit einem anderen Bundesligisten und lässt sich noch das Gehalt deutlich verbessern, wenn er vielleicht schon viel früher keine Zukunft in Stuttgart sehen wollte?

2017_12_22_GomezDass es mich aber dann doch noch härter treffen würde, als der Abgang von Simon Terodde, darauf war ich auch nicht vorbereitet. Ich wollte nur noch eines, die letzten Vorbereitungen für den Familienbesuch treffen, die letzten Einkäufe erledigen und die Wohnung auf Vordermann bringen. Von Fußball wollte ich für ein paar Tage nichts sehen und nichts hören. Zwei Tage waren seit der Vermeldung des Transfers vergangen, da erreichten mich plötzlich unzählige Nachrichten. Was ich für einen grausamen vorweihnachtlichen Scherz hielt, war keiner. Der erste Blick ging zu den offiziellen Kanälen und der VfB-Webseite. Mario Gomez war zurück. Der Eine, dem alle Türen offen standen und der durch die eine Tür ging, durch die er nicht gehen sollte. Nie habe ich jemanden so sehr geliebt und gehasst wie ihn. Und auch Tage später weiß ich nicht, wie ich mich fühlen soll. Die Zeit wird alte Wunden heilen müssen, denn wie soll ich ein wichtiges Siegtor des VfB nicht bejubeln können, nur weil er es geschossen hat?

Wenige Stunden nach der befremdlichen Nachricht kam meine Familie in Stuttgart an, bereit, Weihnachten mit uns zu feiern. Es war ein ruhiges, schönes aber auch anstrengendes Fest – kein Wunder, wenn man für insgesamt fünf Personen kochen und putzen muss und obendrein auch noch für das Unterhaltungsprogramm zuständig ist. Auch der gemeinsame Nachmittag mit meinen Schwiegereltern gehört zur weihnachtlichen Tradition. Danach waren Felix und mir dann auch ein paar ruhige Tage vergönnt. Ich werde Kraft tanken müssen für das neue Jahr, bevor es am achten Januar mit meiner neuen Arbeitsstelle losgeht.

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Man kann durchaus sagen, das Jahr 2017 ist bewegt gewesen. Das wichtigste für mich war der Jobwechsel, ich genoss einige nette Familienfeste und in Sachen VfB kann man das Jahr ziemlich gut in zwei Hälften aufteilen. War die erste Jahreshälfte noch überaus emotional mit dem perfekten Abschluss des Aufstiegs, so hinterließ die zweite Jahreshälfte einen bitteren Beigeschmack. Viele gewonnene Heimspiele konnten nicht darüber hinweg täuschen, dass auswärts gar nichts lief und dass man am Ende sogar im Pokal ausschied. Für 2018 bleibt nur zu hoffen, dass mein neuer Job gut anläuft, wir gesund bleiben und der VfB frühzeitig den Klassenerhalt klar macht, spätestens dann, bevor er nach München muss. Dies, liebe Freunde, war mein letzter Jahresrückblick in dieser Form. Seit 2006 schreibe ich jedes Jahr einen Jahresrückblick, doch nun wird dies mein letzter sein, da der Aufwand zu groß wird und mir die Zeit zwischen den Jahren einfach zu schade ist. Ich werde auch 2018 weiterhin hier schreiben, möchte aber zum jetzigen Zeitpunkt offenlassen, wie oft, wie lang und in welcher Form ich das tue. Euch allen einen guten Rutsch und nur das Beste für 2018!

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